Platonakademie (97). Überpopulationen / Schädlingsplagen / Begriffsverwirrung / Einordnung der Menschheit / Präzisiert am 22.10.2012

Platon-Akademie, 21. Januar 2012

Auf der UN-Klimakonferenz in Durban wurde die Rettung des Klimas erneut vertagt. Weil die Klima-Gefährdung (wie die Gefährdung vieler anderer Lebensbedingungen auf der Erde) anthropogen ist, besteht eine unbewusste Aversion, sich mit den eigentlichen Ursachen des Problems zu befassen.

Die Übervermehrung der Menschheit ist ein Problem, das, wird es diskutiert, den Glauben an die Privilegien (vgl. PM(52)) der Menschheit vor der Biologie zunichte macht. Die Übervermehrung wird daher auf entscheidenden Konferenzen aus dem Beurteilungsprozess nach Möglichkeit ausgegrenzt. Für die „Neudefinition der Menschheit“ (das Wort stammt vom Britischen Guardian 2009) wäre indes gerade die ökologische Beurteilung ihrer planetaren Population die einzige wissenschaftlich zweckvolle Ausgangsbasis. Da sie von den Regierungen wegen der Verknüpfung mit der globalen Ökonomie ignoriert wird, ist nicht zu erwarten, dass die Erhöhung der Atmosphärentemperatur auf 6 und mehr Grad in diesem Jahrhundert zu ändern ist.

Die Populationsdichte einer Spezies in einem beliebig großen Biotop ist dann überhöht, wenn sie die Lebensbedingungen der dortigen Arten einschließlich der eigenen einschränkt. Die Lebensbedingungen aller Arten (einer Biozönose im biologischem Gleichgewicht) sind durch deren Genome festgelegt, so dass Überpopulation ein Problem des Gesamtgenoms der Lebensgemeinschaft ist, übersichtlicher gesagt: ein Problem der ökologischen Komplexität. Wegen der Komplexität sind große Zeiträume nötig, um die Anpassung aller Arten an eine wachsende Population zu gewährleisten. Eine Überpopulation wird demnach genau dann zum Problem, wenn sie sich zu schnell entwickelt.

Durch stetes Wachstum der Landbewirtschaftung („Fruchtbarer Halbmond“) stört die wachsende Menschheit seit der letzten Eiszeit das biologische Gleichgewicht. Alle Tier- und Pflanzenarten, die die Ausbreitung der Menschheit behindern, werden seitdem als „Schädlinge“ ausgerottet. Das Wertesystem, mit dem die Menschheit dies rechtfertigt, wurzelt in der anthropozentrischen Mythologie. Die Menschheit hat dabei aber den Begriff des Schädlings nicht eingeführt, wo sie selbst großräumig die Biosphäre vernichtet und dabei sich selbst auszulöschen beginnt. Warum diese Diskrepanz?

Der Begriff „Schädling“.
Die Verirrung kommt aus gutem Grunde daher, dass in Wahrheit „Schädling“ kein biologischer Begriff ist. Das hat man im Gefühl. Es gibt keinen Spezies „Schädling“. Kein Individuum kann in einer im ökologischen Gleichgewicht stehenden Biozönose einen ökologischen Schaden anrichten, auch der Mensch nicht. Es ist immer erst die zu rasch gewachsene Überpopulation, für die kein Einzelwesen verantwortlich zeichnet. Der einzelne Borkenkäfer hat nicht die Wirkung einer Borkenkäferepidemie. Die Bewertung "Schädling" würde man niemals anwenden, wenn man einen Borkenkäfer auf dem Mars anträfe.

Die überfällige Neudefinition der Menschheit muss nun scharf unterscheiden zwischen dieser Tatsache und der Bewertung der Überpopulation Menschheit. Die Überpopulation der Menschheit wird, wie Befragungen zeigen, von vielen (stillschweigend) mit einer Schädlingsplage verglichen, und die Merkmale sind erdrückend parallel. Es ist nicht nur die exponentielle Vermehrung, es ist auch die wachsende Dezimierung anderer Arten und die Ausbeutung der Nahrungsreserven, die man mit dem sog. ökologischen Fußabdruck misst. Und es ist die damit wachsende, auf die Menschheit zurückwirkende Zerstörung, die auch jeder sonstigen Überpopulation droht. Dass es die Art „Schädling“ nicht gibt, wirkt sich auf die Überpopulation nicht bewertend aus, und daher übersieht man leicht die Logik des Begriffs Schädlingsplage.

Firmenportrait:
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Es geht ihr aber nicht um die Fortsetzung der spekulativen Philosophie Platons, auch Textkritik ist die Ausnahme. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der letzten Ursache der Naturgesetze und nach der Gesellschaftsordnung zu finden. Sie wurde 529 von der Kirche geschlossen. Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangeh. Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Pädagogik, Philosophie. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst.
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