Platonakademie (88). Auf der Ebene von Kurt Gödel sieht die Platonakademie keine Widerlegung der Existenz eines menschenähnlichen Gottes (Titel geändert am 31.1.2015)

Platon-Akademie, 3. November 2011

Was immer in der Zeit existiert, d.h. die Zeit für seine Existenz benützt, ist dem Axiom der Gegenwart (GB) unterworfen und erweist sich als Bestandteil des Universums. Es ist in den Unendlichen Ordnungen selbst-verständlich (PM(7)). Doch damit wird der Gottesbegriff insofern nicht ausgeschlossen, als offen ist, ob Kurt Gödels Feststellung , dass es keine letzte mathematische Gewissheit geben kann, auch angesichts der Gegenwartsbedingung noch gilt.

Gödel hat 1931 überraschend formal-logisch gezeigt, dass alle mathematische Erkenntnis in letzter Konsequenz unvollständig bleiben muss. Das betrifft zwar nicht die klassischen Rechnungen mit Gleichungen oder das gewöhnliche Zahlenrechnen, sondern nur gewisse mathematische Grundlagen. Gödel hat z.B. nicht angefochten, dass die Lösung x = 2/3 für die Gleichung 3x - 2 = 0 nach logischen Regeln richtig ist. Er hat vielmehr gezeigt: Axiomatische Theorien mit endlich vielen Axiomen lassen stets wahre Sätze zu, die mit den benützten Axiomen nicht bewiesen werden können, es sei denn man erweitert das Axiomensystem. Doch dann gilt wieder dasselbe auf höherer Ebene. Und selbst der Beweis für die grundsätzliche Unvollständigkeit unseres Wissens, den Gödel geführt hat, ist letztlich unvollständig. Vgl. PHILOSOPHIE UND NATURWISSENSCHAFTEN, Wörterbuch, Hsg. H. Hörz u.a., Bonn 1996, s. 106.

(Anmerkung: Gödel hat nicht mit der unwillkürlichen Zeit gerechnet: Weist das ständige unwillkürliche Hinzukommen von Raumeinheiten r°, r°^2 usw. (wie es die GB fordert, nach der die Expansion des Universums ja mangels raumfüllender Gravitation nicht auf Raumdehnung beruht) auf eine fortgesetzte Erweiterung des in der TFZ benützten Axiomensystems hin, welches hinter der GB ja Axiome der reinen Mathematik enthält? Die Grundlagen des Universums werden nämlich in jeder Elementarzeit EZ = r°/c erweitert. Das gäbe Gödel nur recht, würde aber zusätzlich zeigen, dass die Unvollständigkeit der Logik der Welt mit der fließenden Zeit gegen Null geht.)

In Gödels Erkenntnis der Unvollständigkeit verbirgt sich gemäß ernsthaft-religiösem Glauben ein Gott oder „der“ Gott. Die Vielfalt der Religionen: Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus usw., die seit der Entdeckung der Erde bekannt wurden, zeigt aber, wie unsicher der Glaube der Menschheit an einen bestimmten(!) Gott ist und wie berechtigt die Philosophie darüber. Der Buddhismus mit seinem Nirwana-Glauben kennt keinen Gott, ist aber doch eine Religion.

Es geht nun bei der Gottesfrage eigentlich gar nicht so sehr um Gödel. Das logisch nicht mehr Fassbare am Gottesbegriff wird der Gläubige eher darin sehen, dass sich die bloße Definition von Begriffen und Axiomen stets der ziemlich unpräzisen Wort-Sprache bedienen muss, so dass den Definitionen im Grunde Konventionen zugrunde liegen. Beispiel: Zur Unterscheidung von „gleich“ und „identisch“ müssen aufwändige Worte gebraucht werden, die ihrerseits erklärungsdürftig sind usw. Hier steht dem angerufenen Gott ein (logisch unzugängliches) Reich offen. Seine Transzendenz ist nicht so klar ergründbar wie etwa das transzendente Ideenreich Platons. Ihre Existenz ist bezweifelbar, aber nicht widerlegbar: eine Annahme; allerdings keine denknotwendige Annahme wie etwa das Axiom „es gibt die Zahl 1“.

Der zwingende Atheismus, auf den es manche absehen, hat so wenig Chance wie seine Gegenthese, der Theismus. Der Atheist kann stets nur gefühlte Einwände gegen einen Gott anführen. Der Buddhismus wendet gegen Gott nichts ein, er erwähnt ihn aber nicht. Ob über allen Universen ein menschenähnliches Wesen thront, darf ein Glaube sein. Dass es dabei aber nun einen speziellen Gott geben soll, der dem Menschen den anthropozentrischen Freibrief ausgestellt hat, mit der Erde ökonomisch zu verfahren wie er will, kann wohl kein Gläubiger für wahrscheinlich erklären (s. PM(52)). Muss ein Gottesbegriff überhaupt unter allen Umständen mit dem Menschen materialistische Privilegien verbinden? In diesem speziellen Bild klingt ein ökonomischer Mythos der Steinzeit an, mit allen negativen Konsequenzen für die angeblich untertane Natur, von der wir, wissenschaftlich gesehen, auf Gedeih und Verderb abhängen. Der Glaube an einen Gott, der seine eigene Schöpfung, auch den von ihm erfundenen Fortpflanzungsvorgang, nicht mag und so das Offenbarungswort „Gott sah, dass es gut war“ ab absurdum führt, müsste erst einem Beweis unterworfen werden, bevor man ihn missionarisch in die Welt trägt. Die Bundesrepublik Deutschland hat diesen Gott ohne Beweis in ihre Verfassung geschrieben, ein rechtlicher Schritt großer Problematik.

Ein Gott mit Privilegien für den Menschen stellt das Ideal desjenigen Gottes in Frage, den der verinnerlicht Gläubige eigentlich anvisiert.

Der „unbekannte Gott“ (ágnostos theós) der Philosophiegeschichte bleibt als freie Bereicherung des einzelnen Gläubigen ohne Widerspruch zu den Naturwissenschaften und ist eine persönlich-innerliche, sensible Lebenserfahrung. In dieser „Introvision“ erscheint Gott neutral. Östliche Religionen blicken in diese Richtung. Die Wissenschaft kann etwas Positives beitragen: Als unbeweisbarer aber auch unbezweifelbarer Satz ist das Axiom „es gibt die Zahl 1“ anzusehen. Denn die Eins ist mit allen Dingen verbunden, die wir denken, auch mit „ein Gott“. So ist sie dem Gottesbegriff noch vorgeordnet, ist seine Voraussetzung. Darin könnte ein Theologe – es gibt nicht nur christliche Theologen – den Grund sehen, dass die Zahl der Gottheiten unbestimmt ist, was die Gemeinschaft der Religionen ja nahelegt. So wäre die Abhängigkeit Gottes von der Zahl Eins überwunden und zugleich die Vermischung der Religionen vollendet. Außerdem ist Gott dann dem Ich und den Unendlichen Ordnungen nahe.
In der Tat ist die Zahl 1 nichts Genaues, wie Gl.(2) in platonakademie.de „HS“ II zeigt.

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