Platon-Akademie
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Zur PressemappeIn der SZ vom 15.10.2011 (Medien-Seite) wurde das Thema angesprochen, dass Fachwissenschaftler zunehmend die journalistische Berichterstattung über wissenschaftliche Erkenntnisse (m.a.W. die öffentliche Meinung darüber) kontrollieren wollen. Weil das Erinnerungen an die Scholastik weckt, veröffentlicht die PA einen Kommentar dazu.
Historisch gesehen kommen Universitäten in der Tat aus der autokratischen Kirchenhierarchie. Zu einer Beschränkung der Gedankenfreiheit darf das nicht mehr zurückführen. Denn auch wenn die Gefahr lückenhafter Berichterstattung in den Medien nie auszuschließen ist: Die Wissenschaftler übersehen zwei Tatsachen. 1. dass es ja fachlich ausgebildete Wissenschaftsjournalisten gibt; und 2. dass Universitäts-Wissenschaftler v.a. mit ihren Gutachten mitunter nur Politik treiben. Unter solchen Prämissen kann man nicht im Ernst auf das Hinschauen der Medien verzichten.
Ein Zeichen unserer Zeit ist es, dass der immer fragwürdiger werdende Finanzlobbyismus immer tiefer in der Wissenschaft eingreift. Das Hauptproblem der organisierten Universitäts-Wissenschaft liegt längst in der Vorrangigkeit des Kampfes um Geld und, dicht daneben, um ewigen Ruhm (eine lächerliche Ewigkeit angesichts der immer kürzer werdenden Lebenserwartung der Menschheit).
Was den Ruhm anlangt: Den Neid von Wissenschaftlern beim Kampf um eigenen Ruhm hat der Wissenschaftshistoriker Frederico di Trocchio von der Universität Regio di Calabria in seinem Buch NEWTONS KOFFER (Campus 1998) an unzähligen historischen Fällen aufgezeigt. Meist schämen sich die Medien, di Trocchios Dokumentation zu besprechen. Sie bedeutete einen herben Rückschlag für das Ideal, das man mit der Universität verbindet. Doch wie, wenn Wissenschaftler selbst an diesem Ideal sägen? Nehmen wir nur das Versäumnis, die unwillkürlich fließende Zeit zu beachten. Bereits in den siebziger Jahren tauchten dazu haarsträubende Beispiele an Scheingutachten und adäquaten Reaktionen auf, denen heute immer noch welche nachfolgen. Beeindruckt hat dabei nur die leere Autorität der Unterschriften.
Was die Öffentlichkeit einmal klären müsste: Wo geht es um Wissenschaft, wo um Forschung? Bei aller streckenweise engen Verknüpfung gibt es zwischen beiden wesentliche Gegensätzlichkeit. Forschung steht prinzipiell vor dem Unbekannten. Sie ist gewohnt, den Blick in eine Ferne zu richten, deren Geographie noch nicht lehrbar ist. Nur sie sieht und formuliert offene Fragen. Sie plant, Erkenntnisse zu sichern. Der Wissenschaftsbetrieb in der Universitätsorganisation schließt zwar Forschung mit ein, versucht aber immer, gesicherte Grundlagen anzubieten, der Menschheit fertige Ergebnisse zu präsentieren, die man abfragen kann und an denen andere weiter verarbeiten dürfen. Als Lehranstalt ist die Universität auf ein unanfechtbares Prüfungswesen angewiesen. In Wahrheit droht jedoch allem (Physik wie Ökologie/ Biologie, Psychologie/Soziologie usw. und mit Einschränkung sogar der Mathematik) mehr oder weniger die fundamentale Umgestaltung. Das Weltbild, von Mythologie geprägt, ist weit entfernt, fertig dazustehen. Das Bild des Menschen von sich selbst ist noch immer steinzeitlich-anthropozentrisch-mystisch (PM(18), (62) ff (Massengesellschaft) und PM(68) ff (Kosmmaprozess)).
Da sichere Ergebnisse begehrt sind aber rar, wie man täglich sieht, ist der Schein sicherer wissenschaftlicher Erkenntnisse verführerisch, und das verbietet eigentlich in vielen Fällen die Erstellung von hieb- und stichfesten Universitäts-Gutachten. Forschung hält sich da gerechterweise heraus. Wissenschaft und Forschung gehören im tiefsten Wesen nicht zusammen.
Die unter Universitäts-Wissenschaftlern schwelende Differenzierung, Politik und Unternehmen müssten durchaus journalistisch kontrolliert werden, nicht aber die Wissenschaft (so die SZ), erinnert zwangsläufig an das kirchliche Recht des „inquirere“, das Programm der „Inquisition“, die bekanntlich in einer Katastrophe endete.
In der europäischen Forschungsgeschichte war „Universität“ nicht das anfängliche Konzept. Die Hauptarbeit der alten Akademie galt dem Dialog, der Diskussion. Platons Schriften dieses Inhalts füllen Bände. Die Akademie nahm keine Ergebnisse vorweg, die nicht vergleichbar sonnenklar waren wie praktische Mathematik. Die antike Akademie betrieb damit Grundlagenforschung in korrekter Selbstbescheidung (Sokrates: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“). Ihre Ideenlehre war der Ansatz, Ursache und Struktur des gesamten Seins zu finden. Sie beruhte definitiv auf Rede und Widerrede. Der Vorwurf der Skepsis, in der Akademie sei dogmatisiert worden, drückte die legitime aber unbegründete Angst aus, die Akademie könnte vorausgreifen.
Universitäten als „Einrichtungen des Wissens“ hätten erst nach Einführung der Theorie des Zeitflusses entstehen dürfen, die auf dem Boden eines sicheren Axioms steht. Deshalb ist die heutige Fortsetzung der Akademie immer noch das zwar einzelne aber die Waage haltende Gegengewicht der Universitäten. Das 529 erfolgte mythisch-dogmatisch motivierte Verbot der neuplatonischen Akademie ist auf die damalige Ungeduld und Voreiligkeit zurückzuführen. Die Kirche behauptete enthusiastisch, längst am Ziel des Erkenntnisprozesses angelangt zu sein.
Offenbar wartet ja die ganze Menschheit ungeduldig auf die Kenntnis der Letzten Dinge, sonst wäre nirgends voreilig ein Dogma konstruiert worden. Nicht nur die Kirche, auch die in der Scholastik sich langsam von der bronzezeitlich fundierten Kirche lösende Universität wollte nicht abwarten. Hatte schon die Lehranstalt Kirche auf Mythenbasis vorzugreifen versucht, so entwarf nun die Universität in der Euphorie des möglichen Weiterdenkens einen furchtbaren Mix aus Wissen und Glauben und tendierte verfrüht zu unverrückbaren, prüfungsrelevanten Lehrsätzen. Bis heute ist Forschung im Grunde das Damoklesschwert über der Universitäts-Gelehrsamkeit. Forschung hebt Hergebrachtes auf, macht ggf. Promotionen und Preise rückwirkend fragwürdig. Trotzdem hütet die Universitäts-Hierarchie die Forschung als ihren Augapfel, denn beide zehren, zumindest im Empirismus, vom glitzernden Finanzen-Strom.
Nun ist das letztendliche Bild dieses historisch bedingten Durcheinanders viel weniger dramatisch zu nehmen als es klingt. Denn dem religiösen Dogma sei zugestanden, ein echtes Axiom sein zu wollen. Das ehrt die Religion. Zur Tyrannei eskaliert sie, wo sie spüren muss, dass sie gar kein Axiom besitzt, sondern lauter anzweifelbare Grundsätze. Axiome verdienen ihren Namen nur, wenn sie unbezweifelbar sind. Das grundlegendste aller Axiome lautet „es gibt die Zahl Eins“. Denn alles Benennbare, einschließlich „ein Gott“, setzt die Eins voraus. Das zweite grundlegende Axiom ist die Gegenwartsbedingung. Sie hat mit der aus ihr folgenden Theorie augenscheinlich den klassischen Rationalismus gesichert.
Firmenportrait:
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Es geht ihr aber nicht um die Fortsetzung der spekulativen Philosophie Platons, auch Textkritik ist die Ausnahme. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der letzten Ursache der Naturgesetze und nach der Gesellschaftsordnung zu finden. Sie wurde 529 von der Kirche geschlossen. Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangeh. Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Pädagogik, Philosophie. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst. Mail: platonakademie (@) aol.de