Platonakademie(260). Beim Blickwechsel mit einem Totenschädel erkennt Hamlet: „Sein oder nicht sein, das ist die Frage.“ / Die TFZ: Das eigene Nichtsein ist nicht möglich / Raum ist nur das Sinnbild von Zeit

Platon-Akademie, 3. Juli 2020

Um 1960 war ein kindliches Rätsel wiederholt als merkwürdig aufgefallen: „Gehört meine Hand eigentlich zu mir?“ Tatsächlich existiert ja mein Bewusstsein auch ohne meine entfernten Hände. Angeregt durch den Philosophen Dieter Henrich*) wurde das Nicht-Sein des Ichs zum Thema dieses Artikels. Der Tod bildet seit allen Zeiten die Spitze menschlichen Fragens.

Dass es das eigene Nichtsein nicht gibt, bedarf einer sorgfältigen Begründung. Einiges kann der Kenner der TFZ selbstverständlich diagonal lesen.

Als 1969 bemerkt wurde, dass sich die Bewusstseinsinhalte laufend mit dem Fluss der Gegenwart T ändern - T liest man, je nach Nullpunkt, am Weltalter oder an der Zeigerstellung auf der Uhr ab - ergab sich für T das einfachste denkbare mathematische Gesetz, die „Gegenwartsbedingung“ (GB). Es besagt: Die Gegenwart ist eine unwillkürliche Variable, die man stets nur mit einer einzigen (dimensionslosen!) realen Zahl x multiplizieren darf, nämlich mit 1. Mancher ausgebildete Physiker glaubte darin Unfug zu sehen. Aber mit x ungleich 1 meint man nicht mehr die Gegenwart, sondern eine Zukunft oder eine Vergangenheit.

Formal heißt die ausschließlich geltende GB T=T mal 1.

Hätte nicht der Liverpooler Physiker Prof. Herbert Fröhlich (Chadwick Laboratorien) 1972 ausdrücklich geraten, der Sache weiter nachzugehen, „which has started with such an interesting idea“ (Brief vom 19.7.1972), dann wäre es zur Auswertung der GB vielleicht gar nicht gekommen. Denn mehrere daraus gezogene Schlüsse ergaben damals zunächst kein klares Bild.

Zunächst formt man, wie oft beschrieben, die GB in T/T=1 um. Fasst man den Zähler nun als räumliche Distanz R* auf - das Befremdliche daran wird sogleich unten geklärt - bekommt die 1 in R*/T=1 die Dimension Geschwindigkeit c; und weil der Faktor 1 in T/T=1 für jedes Subjekt der Welt gilt, gelangt man mit R*/T=1=c zur Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, also zur Relativitätstheorie. Wie lange zog sich im Vergleich dazu ihre empirische Entdeckung hin!

Die zunächst abstrakte GB offenbart erst mit R* ihre physikalische Rolle. Bei philosophischer Vertiefung begreift man bald, dass R*/T=c Platons berühmten Satz im Kallímachos „Alles fließt, nichts bleibt“ formalisiert. Der begriffliche Schwerpunkt liegt auf dem „Alles“. Das „Alles“ schließt auch das Geistige ein. Mit R*/c=T kann die TFZ empiristisch entworfene Hypothesen prüfen, wodurch sie sich aber unbeliebt macht, nachdem der Universitäts-Kosmologe manche hoch eingeschätzte Meinung in seinen Vorlesungen verwerfen müsste. Besonders die Kirche hat vermutlich nicht zuletzt deshalb 529 die antike Platonakademie verboten. Die Kirche verführt auch heute christlich festgelegte Forscher, die Analyse der GB offiziell als Verirrung auszulegen. Die GB ist aber ein Ur-Axiom zum Zwecke der Deduktion der Naturgesetze, und Francis Bacons empiristischer Ersatz für Platons axiomatische Vorarbeit war nach Auffassung der PA ebenfalls zum Teil dem Primat des Glaubens zu verdanken.

Dass Bacons Empirismus eine Abflachung des Denkens ist, sieht man daran, dass schon Würmer, Schnecken, Insekten und alle höheren Tiere ihre Zukunft aufgrund bloßer Wahrnehmung beurteilen. Sie lesen von der Wahrnehmung der Umwelt drohende Gefahren und lockende Erfolge ab und handeln danach. Empirismus erhebt den Homo sapiens also keineswegs über andere Lebewesen. Diese Oberflächlichkeit, weltweit als englisches Vorbild physikalischer Welterklärung gefeiert, begegnete uns schon in der verkümmerten aber ebenfalls gefeierten englischen Sprache (PM(259)) und neuerdings im chaotischen „Brexit“. Mit solcher Unterschätzung des Platonischen Ansatzes muss sich das Konzept der TFZ selbstverständlich abfinden.

Warum ist nun aber die Deutung des Zählers als Raum trotz allem Anscheine nach kein Problem? In einer Gleichung y=f(x) muss immerhin x im einen Glied dieselbe Bedeutung („Dimension“) haben wie in jedem andern Glied. Wird x im einen Glied in Sekunden gemessen, muss es auch in den übrigen in Sekunden gemessen werden.

T im Zähler der GB in Längeneinheiten zu messen, ist nur erlaubt, wenn dieser Raum objektiv gar kein Raum ist, sondern nur subjektive Veranschaulichung, Sinnbild der im Grunde abstrakten Zeit. Seine Einheit Meter misst die Zeit und heißt nur anders. Tatsächlich ist R*/c die Zeit, die ein Lichtquant von der Hand bis zum Auge braucht. PM(87) ging darauf ein, dass I. Kant es als Skandal der Philosophie angesehen hat, immer noch nicht zu wissen, ob der Raum real ist oder nur vorgestellt.**)

Die GB begründet wie gesagt mit der Symbolhaftigkeit des Raumes die Theorie des „Alles fließt“. Ihre kosmologischen Ergebnisse gipfeln in den unbegrenzt hierarchisch geordneten Universen UO, denen zufolge auch die Zahl der (Parallel-) Universen, gleich welcher Struktur, unbegrenzt sein muss (s. in www.platonakademie.de HS III bzw. im Schlussabschnitte von PM(239). Der Zusammenhang fällt dem Leser umso leichter in den Schoß, je mehr er sich mit der TFZ schon beschäftigt hat. Er muss auch mit den elementaren Eigenschaften unendlicher Mengen ein wenig vertraut sein. Informativ ist es, in PM(4) und (7) nachzulesen, wo der Standpunkt von Karl Sagan zu den UO beschrieben ist. Inzwischen gibt es mit Sicherheit in der Literatur viele Bemerkungen zur unendlichen Menge der Paralleluniversen.

Die unendliche Hierarchie der Universen spiegelt das jedermann geläufige Prinzip der Zahlenordnungen wider, wo man z.B. die Hunderter als Voraussetzung („Ursache“) der Existenz der Zehner und diese als Ursache der Existenz der Einer usw. ansehen darf, was eine unendliche Ursachenfolge bedeutet. Zuletzt wurde darüber ausführlich geschrieben in PM(243). Schon Pythagoras ahnte, dass die Welt aus Zahlen besteht.

Damit beweist die GB, wie im Folgenden deutlicher wird, rational nicht nur die Unsterblichkeit aller Subjekte, sondern auch - s. Schluss von PM(239) - Platons Ideenlehre.

Entscheidend ist, dass der im Grunde abstrakte Kern T/T=1 meines Bewusstsein von vielen Körperorganen - insbesondere vom Herz - kausal versorgt wird, von Körperteilen also einschließlich Schädeldecke mit nur vorgestelltem Abstand vom Gehirn. Sie erzeugen im Bewusstsein die Motive. In PM(68) wurden die Motive, der sog. KOSMMA, besprochen. Einfacher jedoch im zweiten Abschnitt in P(258). Der KOSMMA bestimmt die Kausalität des Ichs. Das Bewusstsein selbst beruht auf dem unüberschaubar komplexen Zusammenspiel von 10^12 Zellen. Bewusstsein ist Komplexität. (Die Ausbreitung des Bewusstseins über die Schädeldecke hinaus ist noch nicht ganz erschlossen. Man denke an die Pflanzen.)

Mit diesen Zusätzen ist der Schluss auf die eigene Unsterblichkeit nun ausreichend vorbereitet. (Beachte, dass es sich wirklich um die Unsterblichkeit meine Identität handelt, nachdem der Wechsel zum nächsten Universum sich in meiner Vorstellung vollzieht!) Im Augenblick T existiere ich im Jetztzustand unseres Universums. Im nächsten Augenblick haben sich aber die Dinge in unserem Universum und natürlich auch meine Struktur und meine Motive ein wenig geändert. Dann bin ich durch eine andere der möglichen Untermengen vertreten. Wir werden im nächsten Artikel besprechen, dass nur unliebsame Motive nicht ins nächste Universum mitgenommen werden.

Es ist auch völlig richtig, zu sagen, dass ich, selbst wenn mein Organismus hier nicht verfällt, in jeder neuen Sekunde T´ im Sinne der kausalen Veränderung der soeben vergangenen Sekunde T ein anderes Universum „betrete“.
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*) https://harald-seubert.de/2020/01/dieter-henrich-dies-ich-das-viel-besagt/
**) Der Faktor 1 von T, der sinngemäß in der GB dimensionslos(!) zu denken ist, darf nach Einführung von R* der Dimension wegen sinngemäß auch v<c=1 sein. v<c=1 kann keine Abweichung vom Jetzt erzeugen! Man gelangt aber - Beispiel rollende Kugel - mit v zu konstanten Zeitintervallen t(2) – t(1), die in die Vergangenheit fallen. Anfänglich wurde darüber angesichts der sich häufenden stimmigen Ergebnisse der TFZ nicht weiter diskutiert. Vgl. PM(87).
Portrait der Platonakademie. Die 1995 von Anton Franz Rüdiger Brück erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. So wie diese 529 aus Autoritätsgründen von der Kirche verboten wurde, sieht sie sich berechtigt, ohne Mandat wieder zu arbeiten. Dies, zumal die transzendenten „Ideen“ Platons sich mithilfe von unendlichen Teilmengen unendlicher Universenmengen als mathematisch real erweisen (www.platonakademie.de HS V, Gln. I und II). Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens Antwort zu finden auf die von griechischen Philosophen gestellten Fragen nach der Herkunft der Naturgesetze und nach der besten Gesellschaftsform (vgl. PM(239)). Vor allem ist sie als Internet-Akademie aktiv. Sie strebt keinen juristischen Status an (Verein etc.).
A. Fr. R. Brück, geb. 1938, ist Autor dieser Artikel. Staatsangehörigkeit Deutsch, Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Philosophie, Pädagogik. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im


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