Platon-Akademie
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Zur PressemappeIn PM(181) wurde die 1. germanische Lautverschiebung als Kriterium der Verwandtschaft von Griechisch und Deutsch abgelehnt, weil zu viele griechische Wörter Parallelen im Deutschen haben ohne die Grimm´sche Lautverschiebung zu befolgen.**) Bronzezeitliche griechische Wörter im Bairischen begründeten dann in PM(184) die Vorstellung von der griechischen Herkunft der Ur-Baiern. Dabei wurde bereits auf die Landschaftsnamen Chiemgau und Inn hingewiesen. Nun zeigt auch der Vergleich weiterer Orts- (bisher vor allem Bergnamen), dass mit akzeptabler Wahrscheinlichkeit Arkader in der Gegend Chiemsee/Inn gesiedelt haben. Jedenfalls in einer Zeit lange vor Homer, d.h. in der Bronzezeit.
Sprachen haben sich in so früher Zeit weitaus langsamer verändert als heute, ja es gab oftmals einen Stillstand. Wann im 2. vorchristlichen Jt. die Besiedlung des Chiemgaus durch Griechen stattfand, ist daher noch nicht geklärt. Worauf wir uns stützen dürfen: Die vorhomerische Herkunft ist bei einigen Wörtern so eindeutig, dass es keinen triftigen Grund mehr gibt, die übrigen (z.B. bair. Groatln oder Kroateln für Steigeisen von gr. krotalízein klappern) als spätere Entlehnungen aus der Koiné zu verstehen, in der das Neue Testament geschrieben ist.
Unter den Bergnamen begründeten als erste der Wendelstein sowie südlich des Chiemsees die Kampenwand den Verdacht auf griechische Herkunft. Gr. kampé ist die Biegung, Krümmung. Die Kampenwand ist durch vier Gipfelprofile ausgezeichnet, deren jeweilige Näherungskurve rund erscheint. Soweit kann die Parallele zu kampé noch Zufall sein. Fast sensationell ist aber der daneben sich ostwestlich hinziehende dominante Riesenberg mit dem/der „Hochries“ als Gipfel. Er verdeckt als Vorgebirge den Blick in die Alpen. Wer schon einmal bei Patras mit der Fähre zum andern Festland gefahren ist weiß, dass die beiden Häfen Rhíon und Anti-Rhíon heißen. Gr. Rhíon ist das Vorgebirge und enthielt in vorhomerischer Zeit nach W. Gemoll ein s: Rison. Die gr. Herkunft einiger bayrischer Bergnamen rückt damit in den Bereich hoher Wahrscheinlichkeit. (Das Riesengebirge, in dem die Elbe entspringt, soll nach Wikipedia ein Kunstname sein. Wahrscheinlicher ist er aber von den Richtung Balkan durchwandernden Griechen vergeben worden. Etwas unklarer ist es beim Nördlinger Ries.)
Die Berechtigung solcher Parallelen steigt weiter, wenn man den Namen des Samerbergs heranzieht. Es ist dies ein niederer Bergrücken vor dem Riesenberg mit Gipfel am Ostende. Die Herkunft von „Samer“ ist bisher nicht klar. Bei Homer heißt aber émar der Tag. Vorhomerisch war das nach W. Gemoll sémar und gr.-dorisch sámar. Nach Gemoll leitet sich das germ. Wort Sommer aus dieser Wurzel her (wie übrigens auch alt-irisch sam = Sommer, alt-indisch sáma = Jahreszeit, indo-europäisch (ie.) sem = Sommer). So wird zunächst ein Blick auf die Bedeutung interessant, denn was hat der Samerberg mit Tag und Sommer zu tun? Wenn man bereit ist anzunehmen, dass das Wort für Mittag auch für „Süd“ gebraucht wurde, wie im Lateinsichen, verweist dies auf nördlich wohnende Namengeber, also in die Gegen Rosenheim/Simssee. Das muss aber nicht sein. „Samerberg“ kann auch „Sommerberg“ bedeutet haben, denn er ist länger verschneit als die nördliche Ebene und war somit ein eher im Sommer zugänglicher Landstrich.
Ferner ist neben dem Riesenberg verdächtig der Karkopf. Gr. kára ist bereits der Kopf.
Westlich des Inns haben wir sodann den Traiten, einen Berg mit hoher Felswand im Wendelsteinmassiv. Das Griechische kennt nur dróite = Badewanne. Absurd ist das dennoch nicht, denn ganz nahe beim Traiten ist eine ungewöhnlich wannenähnliche Senke, von der später der Berg den Namen erhalten haben könnte, als die Baiern die Urbedeutung vergessen hatten. Natürlich klingt das etwas zu spekulativ. Aber die Parallelen gehen noch weiter und die Deutung des Traiten wird besonders durch den Wendelstein wahrscheinlicher:
Der Wendelstein hat wohl kaum etwas mit Wendel oder (Uhr)Pendel zu tun. Trotzdem scheint das w scheint ehemals ein p gewesen zu sein. „wendel“- führt uns, wenn wir wollen, in die Peloponnes, wo schon der im Aroánia-Gebirge entspringende Fluss álphios (urspr. álbios) und der Landstrich Achaia auf die Elbe verweisen (s. dazu PM(182)). Der Altphilologe August Buttmann wies in seinem „Leitfaden der alten Geographie“ (1872) darauf hin, dass das Aroániagebirge ganz früh den Namen Pentéleia hatte. (Das Gebirge Pentelikón bei Athen hat seinen Namen erst aus antiochischer Zeit.) Pentéleia enthält die Erklärung für den Wendelstein zunächst insofern, als das Wendelsteinmassiv, insbesondere durch den dominierenden Anblick des Traiten, sehr dem schroffen Aroániagebirge ähnelt. Konkreter wird es die Sache aber, wenn man noch beachtet, dass der höchste Gipfel des Aroániagebirges Pentéleion hieß. Das lässt sich bestens vergleichen mit dem Pendling im Inntal bei Kufstein.
Aber auch im Flachland wurden zwei Anhaltspunkte gefunden. Der eine ist der Simssee, den man volkstümlich auf die Simse (Schilf) zurückführt, was aber überhaupt nicht überzeugt, weil ja der Simssee nicht der einzige See mit Schilf ist. Sein Abfluss aber, der bei Rosenheim in den Inn mündet, heißt Sims. An ihm liegen Ortschaften mit dem Wortteil Sin oder Sim. Naheliegend ist, dass die Siedler im Inntal, die sich längs der Sims von Fischen ernährten, den See nach dem Bach benannten. Immerhin enthält das Wort die ie. Wurzel sin-, die alles umfasst was mit ausbeuten zu tun hat: von ausrauben bis holen: Gr. sín-esthai heißt ausrauben. (Der sagenhafte Räuber Sinis ist bekannt). Die Sin(g)-hal-esen waren ursprünglich Löwenfänger: die Wurzel hal- ist im Deutschen als holen erhalten (altdeutsch halon holen, gr. hálosis Eroberung). Die geflohenen Ur-Baiern (PM(184)) hatten in dem von kargem Buschwald überwucherten, steinigen Voralpenland mit seinen Regenfällen und Eiswintern („Chiem“gau) wenig Möglichkeiten, sich durchzubringen. Am Einfachsten ging das noch mit Fischen.
Im Augenblick endet die in der PA besprochene Spurensuche mit dem Namen eines Dorfes, das im Flachland am Rande eines Hochmoores liegt, das einmal Teil des Siferlinger- und Rinsersees war. Die kleine Siedlung heißt Stucksdorf, das Moor Stucksdorfer Moor. Hier scheinen bronzezeitliche Arkader gesiedelt zu haben. Aufgefallen ist nämlich der erste Wortteil Stucks. Das ist genau die vorhomerische Aussprache von Styx, dem Unterweltfluss. Dieser entspringt im Aroániagebirge. Das Rätsel, warum im Flachland ein Ort Styx genannt wurde, war bald gelöst: Styx heißt nämlich abscheuliches Wasser (vgl. eutsch. stickig!). Die Siedler fanden in dem damaligen Niedermoor gewiss abscheuliches Trinkwasser vor. Wie gesagt: Beweise gibt es in der Sprachforschung nicht, außer wo Lautverschiebungen wie die Grimmsche Geltung besitzen.
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*) Der Wortstamm bair- gebraucht man für die ethnische, bayr- für politische Benennung, was aber nicht immer scharf unterschieden wird.
**) Würden sich nur wenige Parallelen finden, läge wohl die von der Sprachforschung verspottete Klingklang-Etymologie vor. Im Falle Griechisch/Deutsch aber ist die große Zahl von Wortparallelen mit gleicher oder fast gleicher Lautung sowie gleicher oder verwandter Wortbedeutung ein Maß für die hohe Wahrscheinlichkeit der Völkerverwandtschaft. Die Sprachforschung hat im 19. Jahrhundert unter dem Triumph der Mathematik euphorisch die Grimm´schen Lautverschiebungen genutzt, um in Anlehnung an die Planetenbewegung auch der Sprachentwicklung mathematische Exaktheit zuzuschreiben. Das ist sowieso wegen der sozialpsychologischen Abhängigkeit des Wortschatzes beinahe unsinnig (Aussprache beruht weitgehend auf Nachahmung) und trifft für germanische Sprachen wohl nur dort zu, wo die Stämme in engem Kontakt blieben. Das Griechische ist demnach eine germanische Sprache, die mangels geographischen Kontaktes mit Europa nicht dieselbe Lautverschiebung mitmachte.
Portrait der Platonakademie
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der Herkunft der Naturgesetze und nach der besten Gesellschaftsform zu finden. Vor allem ist sie als Internet-Akademie aktiv. Sie strebt keinen juristischen Status an (Verein etc.). Die PA wurde 529 von der Kirche aus weltanschaulicher Konkurrenz verboten.
Kontakt: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangehörigkeit Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Philosophie, Pädagogik. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst. Zuschriften bitte per Post an: s. Impressum in platonakademie.de