Platon-Akademie
Germany
Zur PressemappeMan muss kein Linguist sein um zu sehen, dass das Griechische seinen Wortschatz vorwiegend mit dem germanischen teilt, ganz besonders dem deutschen. Abschnitt III bringt viele Beispiele in leicht lesbarer Umschrift. Die Baiern scheinen sogar mit Griechen vermischt zu sein. Die Hinweise darauf überzeugen: Die meisten der nahezu original altgriechischen Wortwurzeln, die das Bairische schmücken (viele davon kamen in den letzten Jahrzehnten außer Gebrauch) scheinen keine späteren Entlehnungen sein. Auf eine Vermischung mit Griechen in der Frühen Bronzezeit Mitteleuropas beginnend um 1900, deuten archäologische Zusammenhänge jener Zeit hin. Auf die Ergebnisse von Bernstorf wird noch gewartet.
Folgendes nette Beispiel gibt einen ersten Eindruck. Homer (750 bis 700 v. Chr.) nennt eine bronzezeitliche Ortschaft Kardamýle auf der Peloponnes, übersetzt Gerstenmühle (Karda war schon in mykenischer Zeit das Wort für Gerste). Am Simssee in Oberbayern gibt es den Ort Krottenmühl. Weitere Einzelheiten zu den Baiern aber erst in PM(183).
Die berühmte These von Holger Petersen, Griechisch gehöre zum Armenischen statt Germanischen (andere Autoren schlagen Albanisch vor) ist schlicht unverständlich. Obwohl es dort natürlich indoeuropäische Ähnlichkeiten gibt, gelingt keine an Abschnitt III heranreichende Wortliste. Auch im urverwandten Russischen gibt es bekanntlich zahlreiche parallele Grundwörter, doch ist selbst da eine Liste Russisch/Griechisch analog III überwiegend nur mit sehr abgeschwächten Wortähnlichkeiten möglich.
Obwohl die vielen (deutlich ähnlichen) griechisch/germanischen Wörter die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, besagt die Universitäts-Lehrmeinung: Griechisch ist eine „Einzelsprache, für die sich keine besonders nahe Verwandtschaft nachweisen lässt“ (W. Gemoll*). Dahinter steht eine aufs erste bestechende, aber nicht mathematisch zwingende Begründung: Wäre Griechisch eine germanische Sprache, hätten griechische Wörter die sog. Erste Germanische Lautverschiebung (im folgenden GLV1** genannt) mitmachen müssen. Das taten sie de facto bei weitem nicht eindeutig genug. Ein Beispiel: Das altgriechische Wort pýrgos Turm, archaisch púrgos gesprochen, hört sich sehr ähnlich an wie unser Burg. Aber, so die Meinung: wenn es germanisch wäre, dann würden wir heute weder „Purg“ noch „Burg“ sagen, sondern „Furk“, die Neugriechen vielleicht Firk. p wäre zu f und g zu k geworden. Demnach, so die Sprachwissenschaft, sei bewiesen: púrgos klingt nur zufällig ähnlich und woher germanisch Burg kommt, bleibt unerklärlich. Gr. púrgos stamme offensichtlich aus irgendeiner verschollenen Ursprache.
Aber muss das Problem damit wirklich erledigt sein? Man findet zwar im Griechischen auch viele nicht vergleichbare, von irgendwo entlehnte Wörter. Aber selbst viele von diesen machen auf den zweiten Blick dann doch (vgl. auch Abschn. IV und VI) den Eindruck von Parallelitäten zum Germanischen. Man sollte deshalb als erstes einmal die auffallenden Ähnlichkeiten beachten. Nach Abschnitt III ist zu vermuten: Die GLV1 ist am Griechischen aus einem bestimmten Grunde einfach nur vorbeigegangen.*** Leider ist das Griechische morphologisch recht zersplittert und archaisch-komplex, um eine schnell erlernbare Sprache zu sein. Selbst Altphilologen wenden sich manchmal lieber dem Lateinischen zu. Eine Nähe zum Germanischen wird dann leicht übersehen. Aber in Abschnitt VII kann man obendrein über die Tradition lesen, Ähnlichkeiten mit Griechischen zu vernachlässigen.
(Alphabetisch geordnete Abkürzungen für den folgenden Text:
Abw. bedeutet Abwandlung, agr. altgriechisch, ahd. althochdeutsch, ai. altindisch, äol. äolisch, arch. archaisch, bair. bairisch, dor. dorisch, dt. deutsch, finn. finnisch, germ. germanisch, gr. griechisch, got. gotisch, ie. indoeuropäisch, it. italienisch, mdl. mündlich, n. Neutrum, part. Partizip, rom. Romanisch, russ. russisch, slw. slawisch, sp. spanisch, sv. schwedisch, Ub. Urbedeutung, Uf. Urform, ung. ungarisch, urspr. ursprünglich, uv. urverwandt, wrsch. wahrscheinlich.
„F“ steht hier für das „Digamma“ (Doppelgamma), ein w, das im frühen Gr. häufig vorkam, später verschwand oder manchmal noch als h zu erkennen ist. Im Germ. ist es noch häufig als w, s oder f erhalten. Beispiele: gr. ursprünglich (F)érgon Werk: dt. Werk / gr.-dor. (F)achá Rede: dt. Sage / gr. ché(F)ein gießen: dt. Scheffel (Gefäß für Getreide).
I. Am Griechischen ist
die Germanische Lautverschiebung vorbeigegangen
Weil sich Wörter tatsächlich nach präzisen Gesetzen entwickeln können, hat die vergleichende Sprachwissenschaft ihre Erwartungen sehr hoch angesetzt. Jakob Grimm hat die GLV1 im frühen 19. Jh. sorgfältig und umfangreich belegt. Sie hat ohne Zweifel die Loslösung der Germanen vom ie. Völkerverband begleitet. Die sog. Junggrammatiker in der Nachfolge von Grimm jubelten. Denn was konnte es Schöneres geben für ihr Gebiet als eine Art Mathematik nach dem Vorbild der Newtonschen Himmelsmechanik, die alles wunderbar kausal ordnet?
Doch solche Euphorie ist übertrieben. Schließlich funktioniert nicht einmal Newtons vorbildhafte Himmelsmechanik noch exakt, sobald man ein Vielkörpersystem berechnen will. In einem Sternhaufen stören die Sterne gegenseitig ihre Bahnen, jede Bewegung geht prinzipiell in streng gesehen unkalkulierbare Richtungen. Wie sollten also nicht erst recht Sprachen unter einem Vielkörperproblem in Form eines Viel-Einfluss-Problems leiden? Geographische Abgrenzung (etwa Meere, Gebirge), soziale Schichtung und Klassenabgrenzung, Bevölkerungsdichte und Handelsbeziehungen, kultureller Fortschritt, lautliche Missverständnisse wie aus der Kindersprache, all das kann die als Gesetz nachgewiesene Entwicklung stören. Um die Einflüsse auf die Sprache zu ignorieren, muss man der Sprachentwicklung mehr Zuverlässigkeit zugestehen als der Himmelsmechanik.
Sicher darf man sagen: Die Sprache X hat die GLV1 mitgemacht, also handelt es sich um eine germanische Sprache. Dem Umkehrschluss „Griechisch hat nicht mitgemacht, also ist sein Träger kein Germanenstamm“ fehlt aber wegen der genannten Einflüsse die zwingende Voraussetzung. Wenn Griechisch, geographisch isoliert auf dem Balkan, keine Kommunikation mit den germanischen Sprachen mehr hatte, dann lenkten allein noch die genannten Einflüsse den Lauf der Dinge. Hätte die einheitliche Lautverschiebung unter germ. Stämmen auf eine gemeinsame Kommunikation verzichten können, müsste man sich wundern, dass nicht auch in weit entfernten Sprachen wie den afrikanischen dieselbe GLV1 ablief, d.h. dass nicht auch dort der Explosivlaut p zum Reibelaut f wurde etc. Grimms Beurteilung der Entwicklung verlief wohl einfach so, dass Wörter, die ihr nicht gehorchen, bis heute nicht angeschaut werden. So bleibt man selbstverständlich an der Überzeugung hängen, Griechisch habe mit Deutschgermanisch nichts zu tun.
Den Zufall kann man nicht verantwortlich dafür machen, dass viele griechische Wörter deutschen ähnlich sind (Beispiel púrgos/Burg). Zwar hat sogar manch einzelnes Wort einer sehr fremden Sprache rein zufällig lautlich/begriffliche Ähnlichkeit. Aber es kommt auf den Prozentsatz an. Im gr./dt. Grundwortschatz ist er zu groß, um dem Zufall entsprungen zu sein, zumal außerdem typische grammatische Einzelheiten allzu direkt vergleichbar sind. Wieviele Prozent der gr./dt. Wörter wirklich parallel sind, lässt sich leider dennoch nicht genau beziffern, denn man kann nicht scharf definieren, wie weit eine Parallelität gerade noch überzeugt. Wortbedeutungen, die ja den Vergleich erst komplett machen, streuen naturgemäß binnen Jahrhunderten immer mehr (vgl. Abschn. VI). Der geistige Inhalt (Begriff) eines in der Lautung gleichbleibenden Wortes zerfließt nahtlos in immer neue und ferner liegende Bedeutungen. Wortwandel gleicht fließendem Wasser auf tonigem Sand. Es nutzt jede Rinne, erfährt dabei Verzweigung, manchmal auch Wiedervereinigung, staut sich, vertieft vorhandene Rinnen – oder es versickert. Die Verwandtschaft von Gr. und Dt. bleibt im strengen Sinne unbeweisbar, aber sie wird mit der Zahl der Parallelen rasch wahrscheinlicher.
Wie schwer den Variationen manchmal beizukommen ist, zeigen Beispiele wie
1. Gr. horáein sehen geht keine direkte gr./dt. Wortgleichung ein. Doch ist das Wort von derselben Struktur wie hören (vgl. hor-chen) und so kann angenommen werden, dass die Wortwurzel hor- ursprünglich übergeordnet „wahrnehmen“ bedeutete. Im Gr. wurde sie später für sehen, im Dt. für hören verwendet. Sie könnte auch in hóros Grenze vorliegen (bekannt durch das Fremdwort Horizont), ja sogar in chóra Land, wenn man so tolerant ist, chóra als früh-gr. das Wahrgenommene zu begreifen.
2. Unser dt. Wort nehmen und das gr. némein (zuteilen) gehen in der Bedeutung auseinander. Im Dt. hat sich die Urbedeutung in Richtung „sich selbst zuteilen“ gedreht. Der Bedeutungsunterscheid reicht aber nicht aus, die Verwandtschaft von némein und nehmen zu verneinen.
3. Gr. augé Glanz ist lautlich im dt. Wort Auge erhalten. Die Bedeutung kann sich entweder derart verändert haben dass es eine vor-ie. lautliche Urform auge für das anatomische Auge gab, die aber im Gr. nur noch den Glanz des Auges meint, während im Dt. sowohl Urbedeutung als auch Ur-Lautung bestens erhalten blieben. Oder: Die Urbedeutung war Glanz und ist so im Gr. bis heute erhalten (ngr. augé Morgenröte, agr. geschrieben aber avjí gesprochen), während sie sich im Dt. in die Richtung Anatomie drehte. Man kann wegen der beiden Begriffe Glanz und Auge nicht die Verwandtschaft von augé und Auge aufkündigen.
Wundern würfen wir uns über solche Verhältnisse nicht. Innerhalb des Deutschen gibt es schließlich ebenfalls Wandlungen: Blüte ist der Teil einer Pflanze, der die Befruchtungsbereitschaft signalisiert. Aber Blüte hat auch die Bedeutung „ Blütezeit“, in anderen Fällen „Reifezeit“ angenommen.
Akzeptiert man die Vielfalt an Parallelen, ist die GLV1 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit am Griechischen als germanischer Sprache nur vorbei- oder halb vorbeigegangen. Griechisch ist grob gesagt eine nochmalige Vorstufe des Althochdeutschen und verhält sich zu ihm wie dieses zum Neudeutschen. Allerdings müssen wir stets prüfen, ob im Einzelfall nicht eine Wortentlehnung versteckt ist. Wenn z.B. gr. stýlos Stütze, Säulenstumpft parallel steht zu germ. Stuhl, würde es sich wohl nur dann um eine Entlehnung handeln können, wenn sie schon in archaischer Zeit stattfand, als das y wie u gesprochen wurde. Man müsste also nachweisen, dass es in vorklassischer Zeit eine enge und anhaltende Nachbarschaft beider Völker gab, die mehr war als gelegentlicher Kontakt durch Handelsreisende.
Zielbewusste Sprachforschung hütet sich auch vor Volksetymologien. Eine solche haben wir beispielsweise wenn einer meint, das Wort Mond komme von Mund, weil das Gesicht im Vollmond einen Mund erkennen lasse. („Mond“ hängt mit gr. menás (Stamm menád-) Monat zusammen.) Leider lässt sich volkstümliche Worterklärung nicht immer so leicht erkennen wie hier. Wenn der Baier heute den Obatzten, einen Käse, als „angebatzten“ Käse interpretiert, hat er vergessen, dass es im Gr. für einteilen das Verb obázein gab. Unter obatztem Käse war ursprünglich ein in Portionen eingeteilter zu verstehen.
II. Ein Blick auf älteste Spuren des Griechischen
Keine europäische Sprache lässt sich annähernd so weit zurück verfolgen wie die griechische. Das macht Untersuchungen besonders erfolgreich. In seiner Abgetrenntheit blieb das Griechische über drei Jahrtausende unglaublich stabil. Wir wissen z.B. aus Tontafelarchiven in Linear B-Schrift, dass schon zur Zeit des Odysseus (1200, späte Bronzezeit) zum Bezirk damos gesagt wurde (dorischer Dialekt), was heute demos Volk bedeutet (ionisch-attischer Dialekt) und dt. Zimmer. Oder stathmós: heute Bahnhof, war in der Bronzezeit der Schafspferch. Die Zahlung hieß in der Bronzezeit apúdosi: apódosi bedeutet sogar noch im Ngr. Rückerstattung. weto(s?) bedeutete Jahr, wie agr. u. ngr. étos (n.), und dt. Wetter (das). Dias lat. Adjektiv vetus alt hat im Genitiv veteris noch dieses viel ältere r bewahrt, bedeutet aber stärker abgewandelt bejahrt. Dt. mit hieß in Lin. B wie noch heute metá, im Niederländischen met. Homerisches „man“ entspricht in der Bedeutung exakt dem schleswig-holsteinischen man in „bleib man schön ruhig“.
Viele der nachfolgenden Beispiele führt der Autor mit eigener Argumentation als Parallelen auf. Andere Deutungen - das ist in der Sprachforschung üblich - bieten sich gelegentlich auch an. Ein unbezweifelbares Defizit sieht der Autor jedoch darin, dass im ETYMOLOGISCHEN WÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN aus dem Zentralinstitut für Sprachwissenschaft in Berlin, 2. Aufl. 1993 das Griechische zu peripher beachtet wird. Das Werk ist heute mit wertvollen Erweiterungen als Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache online zugänglich (Suchwort DWDS). Doch lässt auch darin die Berücksichtigung des Griechischen immer noch viel zu wünschen übrig. Beispiele in Abschn. IV.
(Ausspracheregeln für Abschnitt III:
ei ist é-i zu sprechen (in bestimmten Fällen als en, was wir hier nicht unterscheiden wollen); sch wie s-ch; Epsilon und Eta werden, obwohl es etwas problematisch ist, zur Erleichterung hier nicht unterschieden. Für Leser, die das Gr. nicht kennen, wird ohne Hinweis auf y = u statt gr. ou einfach nur u geschrieben. So auch o ohne Unterscheidung zwischen Omega und Omikron.) Die Liste ist, um den Verwandtschaftsgrad hervorzuheben, nicht alphabetisch geordnet sondern ungefähr nach der Direktheit der Wortparallelen.)
III. Fundgrube auffälliger
griechisch-deutscher Wortparallelen (Auswahl)
1. Substantiva:
gr. mýle: dt. Mühle / gr. klangé Klang: dt. Klang (bereits ie: klangjo ich klinge) / gr. lóchos Versteck, Loch: dt. Loch / gr. augé Glanz: dt. Auge / gr.-äol. pher (gespr. ber) wildes Tier: dt. Bär; (ein im Lat. allein dastehendes Lehnwort ist ferus = wild) / gr. ther Tier: dt. Tier / gr. nephéle (gespr. nebéle) Wolke, Nebel: dt. Nebel / gr. (F)ergon: dt. Werk / gr. praýs, práos Sanftmut: dt. Frau („Fron“-dienst ist sicher nicht Uf.) / gr. méid-ema (Uf. smeid) das Lächeln: dt. Maid, Mäd-chen (vgl. eng. smile) / gr. kýpellon Trinkgefäß: dt. Kübel (engl. cup) / gr. chréma Sache, Ware: dt. Kram, Krempel, vgl. Kramer; zum dor. a vgl. chráe-stai gebrauchen / gr. pýrgos (púrgos) Turm: dt. Burg / gr. déixis Richtungsangabe: dt. Deichsel (was die Richtung anzeigt) / gr. spudé Eile: dt. sich sputen / gr. lásthe Lästerung: dt. Laster (germ. lahster) / gr. lobós Lappen: dt. Lappen / gr. téichos Mauer: dt. Teich (ummauerte Wasserstelle), auch. Deich / gr. géthos (dor. gathos) Freude, vgl. lat gaudium: dt. Gatte (die Parallele Freude – Gatte wird von d. christl. Forschung vermutlich moralisch abgelehnt) / gr. aid-ós Achtung, Scheu, Scham: dt. sehr wrsch. Eid / gr. stýlos (stúlos) Säulenstumpf, Stütze: dt. Stuhl / gr. kyphós (kuphós) krummes Holz: dt. Kufe / gr. physis (Uf. busis) Natur: dt. Busen / gr. skáphe Schapf, Wanne, Schiff: dt. Schapf, Schiff / gr. demos Bezirk (schon vorhomerisch): dt. Zimmer / gr. lámpe Schleim, Schlamm (Urb.): dt. Schlamm, aber auch schlampig; Lampe als Leuchtmittel kommt vom Glänzen des Schleims / gr. lénos (aus lachna) Wolle (Uf. (F)lak-sna): dt. Flachs / gr. karda Gerste: dt. Gerste / gr. skýtos (skutos) Leder: dt. Schuh (nicht wrsch. ist die Entlehnung aus dem Lat. nur wegen lat. scutum Schild) / gr. chli-arós glänzend: dt. gel, gelb; wrsch. ist gli- (gle-) eine vor-ie., sehr alte Wurzel, da schon im Keltischen; die Wurzel gli- steckt in glimmen und Glut / gr. kaliá Vorratsraum (s. a. kaléein): dt. Halle, hallen / gr. thýra (urspr. thura): dt. Tor, heute Tür (wrsch. auch das dur- in durch) / gr. klímax Leiter: dt. Klimm(zug); (empor)klimmen ist allgemein-germ. / gr. hélkos Geschwür (lat. ulcus): dt. welk / gr. géuma Geschmack (gé-uma gesprochen): dt. Gaumen / gr. rhéuma Strömung, dt. Raum (den die Strömung benötigt); Rheuma Lehnwort / gr. chéuma Quellwasser: dt. Schaum / gr. derma Haut: dt. Darm / gr. tornos Zirkelspitze: dt. Dorn / gr. schedía Brett (s. schízein spalten): dt. (Holz)-Scheit / gr. stége Überdeckung: dt. Steg / gr. brotýs, brosis Speise: dt. Brot / gr. drys (drus) Eiche: dt. Truhe / gr. hals Salz, auch Meer: dt. Salz (lat. sal verlor den Dentallaut) / gr. lýma (aus slyma) Schandfleck: dt. schlimm / gr. hétta und héssa Niederlage, Demütigung: dt. Hass / gr. kótos und kádos Hader: dt. Hader (wrsch. uv. zu s. o. gr. héssa: dt. Hass) / gr. nósos Krankheit, Übel: dt. Not / gr. areté Wesen, gute Eigenschaft etc.: dt. Art / gr. stoibé (stéibein) Pfropfen: dt. Stopfen / gr. stoibás, stibás Streu: dt. Staub / gr. láchanon Gemüse: dt. Lauch / gr. krátos Kraft (urspr. kártos): dt. hart / gr. emar Tag (alt, später heméra): dt. Sommer / gr. hýpsos Höhe (Stamm hup-): dt. hupfen / gr. ózos: dt. Ast; ts-Wechsel zu st / gr. stichos Reihe: wrsch. dt. Zieh(ung), ziehen (s - t-Wechsel wie bei gr.ozos: dt. Ast / gr. óinos (aus Fóinos, lat. vinum): dt. Wein / gr. psyché (psuché) Leben, Seele: dt. Spuk (sp – ps - Wechsel) / gr. skótos Dunkelheit (uv. zu skiá): dt. Schatten / gr. élengchos Schande, Schimpf: dt. Elend (vgl. dazu gr. elé-nchein beschimpfen, ele-éin bemitleiden, ele-ós Mitleid, éle-os jämmerlich) / gr. cháos Leere, Weltraum, Chaos (Hesiod): dt. Gas (im Mittelalter wrsch. nur mdl. für Dampf gebraucht, erst später in die Physik eingegangen) / gr. kaláme Halm: dt. Halm / gr. thygáter: dt. Tochter / gr. hékyros (ehemals sFékur-os) Schwiegervater: dt. Schwieger(vater/mutter), und Schwager / gr. perknós gefleckter Raubvogel, gefleckt: dt. Ferkel / gr. phanerón das Erscheinende, Sichtbare; dt. Banner (Feldzeichen); wrsch. kein späteres Lehnwort, da B erhalten: altfranz. baniere evtl. aus Germ. entlehnt / gr. péne (f) Gewebe, Tuch: dt. Fahne / gr. nychta (acc. von agr. nyx; ngr. nom.) Nacht: dt. Nacht / gr. cheir (cher) Hand: dt. Griff, (wrsch. auch Schere) / gr. nékys Leichnam (Homer): uv. dt. nackt, wo das t nicht verbindlich ist, z.B. früher nacken; vgl. auch nackig; uv. auch der Nacken / gr. menás (Stamm menád-): dt. Monat (lat. mensis) / gr. chit-ón(schon für die mykenische Zeit bezeugt): dt. Kitt-el / gr. helix (Stamm wel-) Windung: dt. Welle, Walze / gr. not-(ios) nass: dt. nass / gr. sphyra (sphura) Hammer: dt. schwer; (germ. swer hat auch mit Schwur, schwören zu tun: dt. Schwur deutet an, dass schon in vorgeschichtlicher Zeit ein Hammerschlag den Schwur besiegelte; vgl. heutige Auktionen.) / gr. géras das Alter, géron der Alte: dt. Greis und grau (russ. ger- Held) / gr. e-léuth-eros freier Mann (als adj. frei): dt. Leute; deutet mit russ: ljud Leute auf ein Wort des 3. Jt.) / gr. psar Star: dt. mit ps-sp-Wechsel Sper-ling, da ahd spar / gr. psilói die Leichtbewaffneten: dt. Spiel, falls ein ps-sp-Wechsel wie in psyché dt. Spuk und psar dt. Sper-ling stattfand / gr. eché, echó (dor. (F)achá) Echo, Schall, Gerücht, Rede: dt. Sage u. sagen / gr. tegos (n) Dach: dt. Dach (n) / gr. hippos Pferd: dt. wippen / gr. thymós Geist (in allen Facetten): dt. die Endung -tum (-thum) / gr. thémis das Aufrechte, alte Göttin des Rechts, daher wohl aus dem 3. Jt.; später verfallen; die Wurzel ist ste- (stellen); das s ging im späteren Gr. verloren (thema), ebenso im Keltischen (tamun Baumstamm): dt. Stamm (s erhalten) / gr. alpheiós (Fluss bei Olympia, urspr. ussprache albeiós): dt. Elbe; spiegelt die Urheimat wider (PM(182)) / gr. dýnamis (dúnamis) Kraft: dt. Donar, Donar, Donner / gr. Zéus: uv. mit ahd. Zíu, Tiu (urspr. Teiwas, später Tyr).
2.Verben (Beachte das -n des Infinitiv aktiv)
gr. légein legen: dt. legen / gr. stéllein: dt. stellen / gr. broméein und brémein brummen: dt. brummen (vgl. Bremse) / gr. mogéein sich anstrengen: dt. mögen / gr. térpe-sthai sich erfreuen (mit Ablaut a; -sth- wrsch. sehr alter Inf., vgl. russ. -t): dt. dürfen (ich darf), bair. derf´n / gr. mythéein u.a. sagen, befehlen: dt. müssen (vgl. mýthos und Muth / gr. a-mélgein melken: dt. melken (wrsch. entlehnt von altsemit., vgl. melk König, moloch Reichtum) / gr. thýein (ursprünglich thúein) bewegen, opfern: dt. tun (thun) / gr. phéugein beugen (= Urb.; gespr.bé-ugein), später fliehen; germ. „beugen“ hat die Urbedeutung behalten / gr. zeugnýnai, zeugnýein paarweise zusammenfügen: dt. (sexuell) zeugen, (er)zeugen / gr. skimptein hineinstopfen (z.B. einen Gefangenen in ein Loch): (dt. (be)schimpfen / gr. spérchein schnell bewegen: dt. springen / gr. spéudein: dt. sich sputen / gr. áchthe-stai unwillig sein: dt. ächzen / gr. né-ein (sehr alter Stamm ne-) spinnen: dt. nähen / gr. nei-stai geheilt (= zusammengenäht) werden: dt. ge-ne-sen und näh-ren / gr. neikéin streiten (uv. zu nikáein siegen): dt. necken / gr. theá-sthai: dt. sehen / gr. thalpein bestreichen: dt. salben / gr. tínein Buße tun: dt. dienen / gr. zemióein bestrafen: dt. zähmen / gr. démein bauen: dt. zimmern, dämmen / gr. horáein sehen, wahrnehmen: dt. mit Bedeutungsverschiebung hören (hor)chen / gr. timáein eine Tat bewerten: dt. sich ziemen / gr. (F)erdein machen (vgl. lt. vértere; germ. Ub. entstehen): dt. werden (auch Erde) / gr. brýein sprudeln: dt. brühen, davon Brühe, Brut / gr. sigáein (Uf. sFigá-ein) aufhören, schweigen: dt. schweig-en u. (ver)sieg-en / gr. géuein schmecken: dt. kauen / gr. skáptein graben: dt. schaben / gr. ghráphein ritzen, schreiben (urspr. grabein gesprochen): dt. graben (Urbedeutung von dt. schreiben ist Entl. des lat. scríbere) / gr. préthein anzünden, verbrennen: dt. braten / gr. péithein überreden: dt. bitten / gr. koréin kehren: dt. kehren / gr. geth-éin (dr. gath-éin) sich freuen: dt. (be)gatten / gr. kichr-énai leihen: dt. kriegen / gr. téuche-sthai verursacht werden, verziert werden u.a: dt. taugen / gr. keírein (Uf. sker-) scheren, abweiden: dt. scheren / gr. sténein stöhnen; ältere form: stéinein beladen sein: dt. stöhnen (wrsch. leiten sich gr. stiá Kieselstein und dt. Stein beide von stéinen ab) / gr. kíein gehen (nachhomerisch nur noch selten): dt. gehen / gr. stýphein (stúphein) befestigen: dt. Stufe, Stube, etwas Befestigtes; ai. stupa) / gr. krýptein verbergen: dt. Gruft, Grube / gr. glýphein aushöhlen: dt. Kluft / gr. némein zuteilen: dt. nehmen (= sich selbst zuteilen) / gr. zeugnýnai zeugen: dt. (ein Kind) zeugen / gr. pállein beben, zittern, sich heftig bewegen: dt. fallen; vgl. lat. fállere täuschen, zu Fall bringen) / gr. deik-nýnai zeigen: dt. zeig-en / gr. déid-ein (aus dFei-dein) fürchten: dt. zweifeln (1. Wortteil vgl. „zwei“, 2. Teil -fel-: vgl. -faltig) / gr. spéudein sich beeilen: dt. sich sputen (gr. a-sputi untätig) / gr. komázein zum Fest (kómos) zusammenkommen (kómos hat gemeinsame ie. Wurzel mit lat. comunis); Urf. wrsch. komáein: dt. kommen / gr. kykáein mischen: dt. kochen, Kuchen (gegen eine Entlehnung von lat. coquus = Koch gibt es Einwände) / gr. stígein stechen: dt. sticken / gr. cháirein sich freuen: dt.(be)gehren und gern /gr. stréphein drehen (Ub. Glieder ausdrehen, strafen): dt. strafen / stréuge-sthai erschöpft sein: dt. straucheln / gr. skállein scharren, schürfen: dt. schälen (Schale) / gr. skáirein hüpfen, springen: dt. scherzen / gr. skénein im Zelt wohnen, zelten, sehr alt weil Präsens verloren; uv. zu skiá Schatten, frühe Ub. wrsch. scheinen: dt. scheinen (Uf. erhalten) / gr. skáptein graben, hacken: dt schaben, schaffen / gr. ché-ein, urspr. ché-F-ein gießen: davon dt. Scheffel (Gefäß), aber Schäffler zu vorhergehendem skáptein / gr. kalé-ein rufen: dt. intr. hallen / gr. phérein (früh bérein gesprochen) tragen, bringen: dt. br-(ingen) / gr. peráein hinüberbringen: dt. fahren ist vermutlich eine sehr alte Abzweigung von phérein / gr. tékein schmelzen: dt. Tiegel und Ziegel; Verbum nicht erhalten / gr. pháine-stai ans Licht kommen: dt. fein (erscheinend) / gr. spéndein spenden: dt. spenden (das lat. Verb spondére = verpflichten hat gegenüber spéndein einen Ablaut, weshalb, abgesehen von der Bedeutungsferne, das lat. spondére dem Gr. nicht entlehnt zu sein scheint, sondern uv. ist) / gr. káiny-sthai gerüstet sein: dt. wrsch. kennen / gr. schízein spalten: dt. Schied-(s-Spruch), zu (ent- und aus-)scheiden (Exkrement: scheißen, vgl. nachfolgendes) /gr. chézein (wohl uv. mit vorangehend schízein) kacken: dt. scheißen / gr. stéibein aufspüren (vgl. subst. stoibás) : dt. stöb-ern / gr. échein (Uf. séchein) haben, halten: dt. suchen; denn échein hat einen Ablaut u, der in -úchos Besitzer, chor-úchos Landbesitzer erscheint / gr. aidéeisthai sich scheuen, achten, versöhnen (subst. aidós): Wurzel aid- wrsch. dt. Eid, be-eid-en / gr. kynéein (Wurzel kys-) küssen: dt. küssen. / gr. léussein wahrnehmen: dt. lauschen / gr. geláein lachen: dt gellen / téinein dehnen: dt. dehnen; davon auch gr. tonos: dt. Ton (Schall) / gr. téngein eintauchen: dt. tunken / gr. bréchein naß machen, (be)regnen: dt. in Bruch-wald (nasser Wald), Oder-bruch, Wolken-bruch; wrsch. leitet sich dt. brechen ab / gr. kamptein umbiegen, demütigen: dt. kämmen und kämpfen / gr. stéichein gehen: dt. steigen (Stiege, Stechschritt ) / gr. stéinein (später sténein) sich drängen, beladen sein, stöhnen (zu stenós eng): dt. stöhnen (wohl auch uv. mit Stein (gr. stiá)) / gr. stéllein stellen: dt. stellen / gr. miséin hassen: dt. miss(trauen) u. mies / gr. méd-esthai u.a. bekümmert sein: dt. wrsch. meiden / gr. eláunein antreiben: dt. Laune / gr. halónai (sehr alte W. hal-) gefangen werden; vgl. hálosis Eroberung: dt. holen (ahd. noch hálon) / gr. tréchein sich schnell bewegen, laufen: dt. (er)schrecken (Bedeutungswandel, s. Heuschrecke); engl. treck / gr. práss-esthai u.a. sich etwas eintreiben, einfordern: dt. prassen, fressen / gr. smécho bestreichen: dt. schmecken / gr. bállein werfen, zu bélos Geschoß: dt. Ball / gr. báinein gehen: dt. Bein / gr. nízein waschen: dt. (be)netzen / gr. hízein: dt. sitzen / gr. hézein: dt. setzen / gr. spargáein übermütig sein (vielleicht aus spharaéi-sthai knistern): dt. sprechen (Ablaut a nur im Subst. Sprache) / gr. láthein (lanthánein) unbemerkt bleiben, entgehen, Wurzel lat-: dt. lassen; wrsch. sehr alte germ. Wurzel, vgl. engl. let.
IV. Beispiele für ungewöhnlich nahe Wortgleichungen,
die trotzdem offiziell nicht als Verwandtschaft gesehen werden
Es sagt zwar niemand „ich beine jetzt zum Einkaufen“, aber im Germ. meint Bein den Beinknochen; man kennt das vom bairischen „boana“ = „Knochen“. Im Ahd. bedeutet beinin „aus Knochen bestehen“. Vgl. dazu das Stichwort Bein in ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN (1993) des Zentralinstituts für Sprachforschung in Berlin (i. folg. ZIS). Neben altnordisch bein = Oberschenkel ist a.a.O. auch eine erschlossene germanische Urform baina angegeben, aber kein Hinweis auf gr. bainein. Die Herkunft von Bein wird als dunkel bezeichnet. Nicht erwähnt wird, dass gr. bainein schon Homer bekannt war, also sicher schon im zweiten Jahrtausend v. Chr. da war. Bein ist ein i.e Erbstück. Dunkel kann man die Herkunft nicht nennen. Ebensowenig wird a.a.O. keine Beziehung von dt. Ball zu gr. bállein werfen (bélos = Geschoß) gesehen, verglichen wird dt. Ball lieber mit Blase als mit bállein, was deshalb nicht überzeugt, weil damals wohl kaum jemand einen aufgeblasenen Ball kannte und auch die Zurückführung auf eine Luftblase weit hergeholt scheint. Auch bei gr. nízein waschen sieht das ZIS keine Parallele zu dt. (be)netzen. Ebenso wenig wird im Stichwort „grau“ auf gr. geras dt. Greis eingegangen. Die ie. Wurzel von „grau“ soll lt. ZIS iero sein. Es erscheint aber realistisch, die Wurzel ger- mit russ. ger- für Held heranzuziehen, was für eine vor-ie. Bildung spricht, woraus auch dt. Herr. Denn der Alte und der Held waren sicher einst Synonyme (Beispiel Hildebrand). Die „Germanen“ sollte man mit als die „heldenhaft Gesinnten“ interpretieren, denn man- ist die ie. Wurzel von lat. mens Geist, gr. menis Zorn, dt. meinen. Dass das Wort Mann davon stammt, ist wahrscheinlich, denn er empfindet sich auch heute noch gern als das, was höher ist als alles andere, gemäß der angeborenen Emotion dass er groß gewachsen sein muss, um als Mann zu gelten. In der Körpergröße sind die Deutschen tatsächlich auf der Welt führend.
Auffällig ist auch das Wort keiner, kein, sächsisch kener, d.h. „nicht einer“. Woher das k? Das Wort wird vom ZIS weit ausgreifend untersucht, aber wenn man den Text durchgeht, hat man den Eindruck von Ratlosigkeit. Im Gr. heißt indes keinós oder kenós menschenleer. Nicht verwechseln mit ekéinos und kéinos, vorn betont, das mit jener verwandt erscheint. „Kein“ wurde im Dt. bis in die Neuzeit nicht geschrieben, kann aber durchaus privat gesprochen worden sein, ein öfter vorkommendes Phänomen. Ebenfalls bleiben unerwähnt Wortgleichungen gr. typos, túpos Eindruck, Schlag: dt. Tupfen und gr. thrymma = Bruchstück: dt. Trumm. Das germanische Burg (gr. púrgos) wird vom ZIS als nicht-ie. veranschlagt.
Die Verwandtschaft Griechisch-Deutsch wird auch aufgedrängt von gr. hízein und hézein mit Hinblick auf den häufigen Lautwandel h – s betrachten: Ersteres heißt nur sitzen, letzteres setzen und sitzen. Die Parallelität der Vokale mutet sensationell an, wird aber a.a.O. nicht erwähnt. Unter dem Stichwort sitzen wird nur auf die intrans. Form hézestai: dt. sich setzen hingewiesen / Unter dem Stichwort wippen fehlt der Hinweis auf gr. híppos Pferd. Das i in wippen ist allgemeingermanisch, daher wohl kaum eine Entlehnung.
Leichtfertig wird mit dem berühmten Beispiel gr. thálassa Meer umgegangen, das die Lehrmeinung uni tono auf eine vorgriechische Balkansprache zurückführen will, obwohl es ganz deutlich als die Mehrzahl von Salz gelesen werden kann: tà hálatta = die Salzgewässer. Dasselbe gilt für nésos/násos Insel. Die Gemeinsamkeit von dor. násos und dt. nass und Nase (nämlich Tiernase) liegt viel näher als eine hypothetische Entlehnung aus unbekannter Sprache. Dass daneben auch gr. notios nass bedeutet, ist kein Widerspruch. Die Herkunft ist hier eine andere.
V. Grammatische Parallelen:
Nicht nur Wörter sind im Gr./Dt./Germ. auffallend ähnlich, sondern auch grammatische Einzelheiten:
1. Die Zusammensetzung von gr. Wörtern, z.B. demokratía, sind im Romanischen selten, germ. häufig.
2. Der gr./dt. dentale Verschlusslaut am Anfang der Artikel (to: das, tes (f.): des (m.) usw: romanisch l);
3. Die im Gr. und Dt. fast legitime charakteristische Reduplikation im Perfekt ist im Dt. reduziert auf ge- wie in ge-sungen, ge-fragt. Im Altgr. erfolgt sie noch allgemein: pepáideuka ich habe erzogen, ne-níkeka ich habe gesiegt, bé-broka ich habe gegessen (z.B. Brot „gebrochen“). Im Lat. gibt es von der Reduplikation nur noch Sonderfälle, etwa cádere fallen, cécidi ich bin gefallen).
4. Der gr./dt. Infinitiv aktiv lautet aus auf -n (auch im Niederländischen), lat. -r-, russ. -t . Gr. und Germanen haben sich wrsch. später von der ie. Gemeinschaft getrennt als Romanen und Slawen.
5. Vorsilbe ent- (z.B. entscheiden usw. ) ist gr. antí.
6. Bei gr. wie dt. Komparativen erscheint die Silbe -er-: psilós klein, psilót-er-os klein-er. Bei Superlativen kennt der Grieche das -st-; gr. ári-st-os der be-st-e; kaki-st-os der schlechte-st-e.
VI. Interessante Kreuzundquer-Verbindungen
Verzweigungen im langzeitigen Entwicklungsverlauf begegnen uns rückblickend notwendigerweise in komplexen Verschränkungen. Die Spuren sind verworren, die Deutung spekulativ, aber da es die Verschränkungen sicher gibt, kann man sie voraussetzen und damit manche Spur lesen. Akzeptable Beispiele für alte Ursprünge mit viel Zeit für Entwicklung wären:
Gr. phren Geist, Verstand, Bewusstsein (im Zwerchfell sitzend gedacht) und engl. brain (im Gehirn sitzend gedacht) treten in dt. Brand, brennen hervor. Der verbindende Sinn und Gedanke ist dabei „helles Bewusstsein“.
Bei gr. bibróskein, zu dt. essen, deckt sich möglicherweise das o, das im perf. bébroka (ich habe gegessen) besonders deutlich wird, mit dt. Brocken, denn Brot brechen ist ein uralter Begriff von essen.
Interesse verdient auch die Verschränkung von brechen und regnen: gr. bréchein heißt regnen, nass machen, die Kombination „brch“ erscheint in dt. Bruch: Wolken-bruch, Bruch-wald, Oder-bruch. Das deutet auf eine Gleichung bréchein = brechen (wenn die Wolken, Dämme, Brücken brechen und alles nass wird), während umgekehrt gr. regnýnai in der Übersetzung zwar den Begriff brechen ausdrückt, lautlich jedoch als regnen erscheint (sv. regna, nl. regenen, engl. rain). Zu der lautlichen Vernetzung „brechen“ scheint auch zugehören bair. brokn (= pflücken) und wrsch. dt. brauchen, lat. fructus.
Wie unübersichtlich Querverbindungen aber werden können, je weiter man zurückgreift, demonstriert bekanntlich das Wort Lampe. Bei Homer ist es bezeugt und demnach sicher sehr alt. Auch in etlichen mythologischen Namen wie Lampetíe („Leuchtende Göttin“, Tochter des Helios) taucht es auf (vgl. die Insel Lampedusa?). Lampetíe hütete auf der Insel Trinákia (Sizilien) die Rinder des Helios. Das dt. Wort Lampe, obwohl erst Ende des Mittelalters bezeugt, dürfte uv. sein zu gr. lampás die Fackel, und ist wohl nicht nur einfach eine Entlehnung aus dem Lat. Die Ub. lag versteckt außerhalb des Begriffes Leuchtmittel, und zwar bedeutete lámpe im Gr. urspr. Schaum, Schleim u. dgl., wovon dt. schlampig zeugt. Der Schimmer auf dem Schleim wurde dann vermutlich zur Hauptbedeutung, denn es gab wenige Beispiele für Glänzendes. In einer Vorform war vermutlich aus folgendem Grunde das a ein e. Denn gr. lemphos bedeutete den Nasenschleim, worin phos das Licht ist. Dadurch drängt sich schließlich auf, dass gr. lámpe mit auslautendem pe (als Rest von phos) in dt. Leinen (gr. lane Wolle) weiterlebt und in dieser Form mit Lamm(-Fell) zusammenhängt. Immerhin taucht nämlich die Endsilbe -phos bzw. pe im bair. als Lampi für Lamm auf (auch engl. lamb Lamm). Das ph spricht der Baier noch, bedingt durch das m, als hartes unbehauchtes p. Dieses gr. phos bedeutete neben Licht aber auch Anführer, ein Gefühl, das tief sitzt, denn wir sagen zu einem Anführer auch „Lichtgestalt“. Jedermann kennt engl. der Boss.
VII. Historische Vorbehalte gegen das Griechische
Die Deutschen und die Alten Griechen haben der geflügelten Idee von einem Volk der Dichter und Denker, das trotzdem nicht gescheit wurde, gleichermaßen zum Erfolg verholfen. Manchmal erscheint die griechische Literatur, wenn auch nicht quantitativ so doch qualitativ der heutigen europäischen ebenbürtig oder gar überlegen, vor allem in Gedankenfreiheit und Einfallsreichum. Als sich das Christentum Rom zum Sitz wählte, ersetzte es die griechische „Welt“sprache durch das Latein, übertrug das ursprünglich griechische Neue Testament in die Sprache der Römer, und die ehemals reiche Literatur schrumpfte zusammen auf die in die Bronzezeit zurück gewendete „Heilige Schrift“, feindlich gesinnt gegen jedes Weiterdenken, jede Alternative. Das denkerische Urprinzip „Alles fließt“ mit seinen Anregungen war spätestens seit den Kaisern Theodosius und Konstantinus reduziert auf das volkstümliche Bild einer Vater-Mutter-Kind-Familie. Vielleicht ging das so glatt vonstatten, weil dem Alten Rom ohnehin nie viel besseres eingefallen war als Macht für Eroberungskriege.
Solcher Wandel allein hätte freilich noch keine aggressive Abkehr von der griechischen Denkkultur verursacht, hätten sich nicht die östlichen Griechen später erneut durch eigenmächtige Interpretationen im Westen unbeliebt gemacht (vgl. PM(147)): Katholisch heißt nämlich „verbindlich für alle“. Das kirchliche Wissen um die letztmögliche Wahrheit war von Stolz geprägt. Dessen ungeachtet spaltete sich im Jahr 1051 die Griechische Kirche von der Römischen ab und nannte sich respektlos die orthodoxe, die rechtgläubige - damit verletzte sie unversöhnlich das westliche Selbstwertgefühl in der Bildung.
Damit war nicht einmal das Ende erreicht: Nach dieser unvergessenen Demütigung musste Rom abermals einer Korrektur seiner Hypothesen zuschauen, diesmal in den eigenen, westlichen Reihen. Als Beleidigung begreift der heutige Westen die Reformation kaum noch. Angesichts der durch Eindeutigkeit mächtig gewordenen Wissenschaft bietet heute die Römische Kirche anderen Religionen Waffenruhe an, während dort die Kriege zunehmen, die das Christentum mindestens einst ebenso grausam führte. Mit vorgeschichtlichen Mythen bevormundet die Kirche des Hl. Franziskus die Menschen heute nur noch zurückhaltend. Die durch mit Bekräftigung durch die Bibel untertan gemachte Biosphäre brennt inzwischen lichterloh, ihre Asche aber heißt Totale Armut. Toleranter Zusammenhalt wird deshalb zum einzigen religiösen Ideal. Glaubhaft entscheiden über weltliche Dinge und das Privatleben künftig Molekularbiologie und genetische Abstammungslehre.
Wie dem auch war und ist, seit dem Schisma von 1051 ist die griechische Welt mit Bann belegt (vgl. PM(147)). Griechische Bildung hat sich damals nachhaltig verhasst gemacht. Bis Ende des 19. Jh. wurden an Universitäten sogar medizinische Vorlesungen in Latein gehalten. Blutsverwandtschaft zu den Griechen erscheint noch heute dem Bildungsbewusstsein absurd.
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* Wilhelm Gemoll, GRIECHISCH-DEUTSCHES SCHUL- UND HANDWÖRTERBUCH; 9. Auflage 1965, Seite V.
** Diese Lautverschiebung hat nach der Lehrmeinung die Germanen von den anderen indoeuropäischen Stämmen geschieden: p wurde zu f, t zu s oder th, und k zu h. Umgekehrt verschoben sich b, d, g zu p, t, k. u.v.m. Die vielfältigen Zusammenhänge sind nicht immer einfach zu handhaben. Wann die GLV1 begann, ist nicht sicher ermittelt. Man nimmt an, im 1. Jt. v. unserer Zeit. Jedenfalls war sie um die Zeitwende abgeschlossen. Vieles spricht aber dafür, dass sie schon vor viertausend Jahren begann (PM(182)).
*** Dass einige der nachfolgenden Erkenntnisse oder Vermutungen bereits von anderen Autoren ausgesprochen wurden, ist zu erwarten. Die ungeheure Zahl von Veröffentlichungen zur Etymologie kann in der PA nicht ausgewertet werden. Wer in diesem Artikel seine Meinung wiederfindet, sollte es melden, sein Kommentar würde hier veröffentlicht.
Portrait der Platonakademie
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der Herkunft der Naturgesetze und nach der besten Gesellschaftsform zu finden. Sie strebt keinen juristischen Status an (Verein etc.). Die PA wurde 529 von der Kirche wegen weltanschaulicher Konkurrenz verboten.
Kontakt: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangehörigkeit Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Philosophie, Pädagogik. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst. Zuschriften bitte per Post an: s. Impressum in platonakademie.de