Platonakademie(163). Allerheiligen mit Blick auf PM(148) bis (152) / Ein Echo auf Heribert Prantls Artikel „Urnen im Regal“ (SZ, 31.10.2013)

Platon-Akademie, 1. November 2013

Sterbliche Überreste sind nach allen Regeln der Logik (PM(148)ff) dasselbe wie abgeschnittene Haare, die wir wegwerfen. Nur liegen uns in einem toten Lebewesen insgesamt alle Organe wie „abgeschnitten“ vor. Begründetes Ansehen verdient nicht dieses Überbleibsel, sondern allein das ganz reale, ewige Fortbestehen der Identität des Dagewesenen in den Universen. Wenn Heribert Prantl die Erfahrungstatsache schildert: „Den alten Drei-Stationen-Weg christlicher Bestattung (Sterbehause, Kirche, Grabstätte) gibt es kaum noch. Nach dem Tod heißt es heute: möglichst schnell weg mit dem Toten . . . Die Zahl der Armenbegräbnisse nimmt zu. . . . Oft wartet der Friedhofsgärtner, bis er einige Dosen zusammenhat. Dann macht er ein großes Loch“, so deckt sich das genau mit dem, was man aus der Grundwahrheit „Alles fließt“ ableitet: Auf vorgeschichtliche Mythen vertraut unsere Zeit zunehmend nicht mehr. Umgekehrt wächst die Suche nach einer Erklärung, die dem Verstand einleuchtet. Der Mensch wird reifer.

Den Vergleich der Erinnerung an den Mitmenschen mit seinem jetzt leblosen Rest ertragen wir mit einer schwer überwindbaren Sentimentalität: diese Sentimentalität ist aber nur der Stau des Augenscheins an dem instinktgebundenen Gefühl, dass der Tote eine Lücke im sozialen Gefüge der Verbleibenden symbolisiert: eine Verschiebung der Rangordnung (PM(68)). Trauernde sind, wenn sie ohne Einblick in den Zusammenhang vor den Ereignissen stehen, deshalb nicht besser informiert als die Elefanten, die mit dem Rüssel die Knochen verstorbener Artgenossen umdrehen und nochmal umdrehen und nicht begreifen, was das Ganze soll.

Elefanten können wirklich die Hintergründe nicht begreifen, auch wenn sie wollten. Der Mensch kann es, wenn er will, wobei aber der Wille nicht garantiert ist. Formulieren wir es mit der letztmöglichen Klarheit: Totenkulte bedeuten das Nicht-Fertig-Werden mit erloschener Komplexität.
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Portrait der Platonakademie
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der Herkunft der Naturgesetze und nach der besten Gesellschaftsform zu finden. Sie strebt keinen juristischen Status an (Verein etc.). Die PA wurde 529 von der Kirche wegen weltanschaulicher Konkurrenz verboten.
Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangehörigkeit Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Philosophie, Pädagogik. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst. Mail: platonakademie(at)aol.de


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