Platon-Akademie
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Zur PressemappeReligionsgeschichte ist auch Geschichte der Platonakademie. Die Päpstliche Akademie der Wissenschaften beobachtet die internationale mathematische und naturwissenschaftliche Forschung*) und weiß, dass es trotz Verbots der PA (529 unter Papst Felix III.) zum Schwund der Geschlossenheit der christlichen Lehre gekommen ist: Die im wesentlichen eindeutigen naturwissenschaftlichen Ergebnisse waren immer umfassender geworden.
Benedikt XVI., dem denkenden Papst, war zweifellos klar, dass heute niemand mehr das Abtriften der christlichen Religion in die Beliebigkeit aufhalten kann. Zunehmend machen heute Christen ihre Religion, die dem Anspruch nach Verkünderin der reinen Wahrheit ist, zur Geschmacksache: Für Josef Ratzinger eine tief einschneidende Erfahrung. Ob sie seinen Rückzug mitbestimmte? Vermutlich.
Von gemeinsamer Geschichte muss man sprechen, weil es der Kirche wie der PA seit den Anfängen sowohl um die Ursachen der Welt ging als auch um Europas praktische Philosophie, also die Ethik (dazu u.a. PM(18) und (101)): Und gegenwärtig nun haben die religiös-dogmatischen Antworten nur noch Irritationen ausgelöst, die naturwissenschaftlichen dagegen nicht. Die sexuelle Thematik ist die auffälligste Irritation. Es war unmöglichen gewesen, diese menschliche Wesensart aus der Welt zu schaffen. Die Absicht des Papstes, mit seiner Enzyklika „Gott ist Liebe“ den Eros entgegenkommend zu rehabilitieren, wurde ja 2005 respektvoll lahmgelegt.
Künftig darf angesichts der moralischen Wirren der Aufbau einer neuen, diesmal stabilen Ethik nicht mehr hinter der physikalischen Grundlagenforschung zurückstehen, auch nicht für die PA (PM(64), (67)).
In der SZ vom 13.2.2013 nahm Matthias Drobinski in einem Artikel „Die vielen Stimmen des Herrn“ zu der Beliebigkeit des Glaubens Stellung. „Unter den 1,2 Milliarden Anhängern gibt es Rosenkranzmütterchen und linke Professoren, kinderreiche Familien und Singles, Aufgeklärte und Abergläubische, Fromme und Halbfromme aus allen Kulturen der Welt.“ Man darf verdeutlichen: Viele Christen sind inzwischen Halb-Buddhisten, Halb-Muslime, Halb-Atheisten. „Alles das“, schreibt Drobinski, „ist irgendwie katholisch… Keine andere Institution hält so viele Zweideutigkeiten aus, so viele Widersprüche…“
Hält aus? Sie hält sie eben nicht aus. Die Naturwissenschaften modulieren, gerade mit ihrer stetig zunehmenden Eindeutigkeit und Widerspruchsfreiheit und auch mit ihrer Allgemeinbedeutung, überall die Aussagen von Religionen und nehmen ihnen dadurch die weltanschauliche Autorität.
Erinnern wir uns des Religionsunterrichts: Religion versteht sich essentiell als eine die Welt zutreffend darstellende Theorie, auch wenn sie vorsichtig nur von einem Glauben spricht, und sieht sich als Verkünderin der einen großen Wahrheit. Dass andere Religionen dasselbe von sich behaupten, kennzeichnet den Zerfall des Superkontinents Monotheismus in drei ethnische Teilkontinente, zu dem noch überall der Verfall der Religionsautorität im personale Bereich hinzukommt.
Mit der Standardbehauptung, die Wahrheit zu verkünden, betont jede echte Religion zu Anfang zumindest ihren Willen, Widersprüchliches in ihrer Lehre nicht zuzulassen. Dennoch entstehen die Widersprüche durch unbegrenzte Sektenbildung. Was „Wahrheit“ ist, ist philosophisch zwar nicht klärbar, wohl aber was Irrtum ist. Widersprüchliches ist Gift für die Wahrheit. Beliebigkeit ist der Todeskampf (echter) Religionen. Der tolerierte Meinungswirrwarr, den wir gegenwärtig Christentum nennen, verwirkt den Anspruch des Christentums, noch echte Religion zu sein. Schauen wir auf den Islam. Ihm gelingt noch relativ viel Eindeutigkeit: Wo sie gebrochen wird, ist das immerhin Kriegsgrund (das war auch im Christentum einmal so). Rettet der Krieg die Eindeutigkeit aber nicht, wendet sich der Mensch am Ende an die Naturwissenschaften. Sie liefern sie zunehmend.
Der Monotheismus ist, weil er Wahrheitsanspruch erhebt, diskutierbar und damit gefährdet. Die Strenge monotheistischer Dogmen ist zwar der altehrbare Versuch, axiomatisch eine mathematikartige Gewissheit zu finden, doch ist sie zerbrechlich wegen des Fehlens des Gottesbeweises (PM(47)). Der heutige Hinduismus, dem Beliebigkeit quasi Prinzip ist, ist weit weniger gefährdet. Sein Fortbestehen verdankt er sehr einfach der Stabilität des Durcheinanders. (Sein weitgehend atheistisch auskommender Vorläufer, der Brahmanismus mit Brahman und Atman, vertrat noch das ausgesprochen geistreiche, von Naivität freie Gedankensystem. Es stand im übrigen bereits dem System der Unendlichen Ordnungen nahe. Aus dem Brahman scheinen Sokrates und Platon die Inspiration zur Ideenlehre bekommen zu haben.)
Ob man das Christentum noch stark nennen darf in seiner Vielfalt von Varianten, die der Durchschnittschrist nicht mehr bedenkt, ist zu bezweifeln. Da verhält sich die Kirche eher klug, wenn sie dogmatsich unnachgiebig ihre historische Ur-Lehre befolgt und mit ihr ggf. aufrecht und stolz untergeht, so wie Hektor sich in der Ilias dem Achilles stellt, angesichts des Todes mit den Worten: „ … Ruhmlos will ich nicht scheitern, sondern // durch meine Großtat weiterbestehn im Gedächtnis der Nachwelt.“ (Ilias XXII, 304).
Josef Ratzinger wurde als Garant der Wahrheit und Vernunft Vorsitzender der weltweiten christlichen Glaubensschmelze und gab jetzt vielleicht die Problematik „Gott ist Liebe“ nach einvernehmlicher Rücksprache wieder in die Hände seines Gottes der Unendlichkeit.
*) Offiziell ist von „Förderung“ die Rede. Brockhaus Bd. 8 (1955) S.730
Portrait der PA:
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der Herkunft der Naturgesetze und nach der besten Gesellschaftsform zu finden. Sie strebt keinen juristischen Status an (Verein etc.). Die originale PA wurde 529 von der Kirche wegen weltanschaulicher Konkurrenz geschlossen.
Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangehörigkeit Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Philosophie, Pädagogik. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst. Mail: platonakademie(at)aol.de