Platon-Akademie (99). Veraltete Theorie von zufälliger Mutation und Auslese weicht langsam dem Lamarckismus / Willkürwirtschaft dagegen / Löst Pflanzenbiotechnologie die Diskussion aus?

Platon-Akademie, 23. Februar 2012

Dass zufällige Erbänderungen und nachfolgende Auslese die Komplexität (vgl. PM(55) und (68)) von Organismen und Lebensgemeinschaften verbessern und gar steigern können, ist aus Wahrscheinlichkeitsgründen völlig unmöglich, weil mit jeder Mutation synchron unzählige andere Gene sofort kompatibel mitmutieren müssten. Die Kompatibilität (das „biologische Gleichgewicht“) muss ím Falle eienr Mutation schnell hergestellt werden. Numerisches Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit, dass nur eine einfache Aminosäure-Kette, bestehend aus 10 Gliedern, aus dem Vorrat von 18 Aminosäuren per Zufall richtig synthetisiert wird, ist von der Größenordnung 10^-13.

Die Zufallstheorie kann höchstens in einer nicht komplexen Welt des Lebens maßgeblich sein, also in primitiven Einzellern.

Trotzdem wird die Theorie, die Darwin in einer Zeit aufstellte, als Komplexität noch kein Thema war, vielfach wider besseres Wissen aufrecht erhalten. Der Grund: An dem Tag, an dem man die inzwischen offensichtliche, ungeheure Komplexität anerkennt (PM(55)), würde sich jeder größere menschliche Eingriff in die Natur verbieten.

Es finden sich aber offenbar doch Wissenschaftler, die mit Rücksicht auf die Wahrheit den Zweifel an der Zufallstheorie zumindest vorsichtig anmelden. Laut einem Artikel von Hanno Charisius in der SZ am 28.1.2012 („Die Atom-Gärtner“), zieht z.B. der Pflanzenbiotechnologe Hans Jörg Jacobsen von der Universität Hannover den Vergleich: Wenn man einen beliebigen Chip aus einem Computer entferne, sei es sehr unwahrscheinlich, dass er dadurch schneller werde.

Möglicherweise wird die gentechnische Pflanzen-Manipulation die biologische Komplexität zum Diskussionsthema machen. Damit kündigt sich in der Biologie eine Umwälzung an, vergleichbar der in der Physik, wenn man dort die unwillkürliche Zeitvariable einführt.

In der realen Evolution war nie die Änderung der Bananenform oder der Schmetterlingsfarbe die entscheidendste Aufgabe. Es müssen da nur wenige andere Gene kompatibel mitmutieren. Solche Änderungen werden rhetorisch gern als Maßstab benützt, beeinträchtigen sie doch die Komplexität kaum und wecken keinen Vorwurf gegen menschliche Eingriffe. Was die Evolution dagegen laufend vollbringen muss, ist der rasche (!) Abgleich von Millionen (!) vernetzter molekularbiologischer Vorgängen. Die Anpassung beruht zweifellos auf einem Mechanismus, der Gene gezielt verändert: Andernfalls würden ökologische Systeme von dahinsiechenden Organismen nur so wimmeln. Konkret: Die Biosphäre wäre günstigstenfalls auf dem Niveau des frühen Proterozoikums stehen geblieben.

Lamarck wird zweifellos begnadigt werden. Dass der Komplexität schwierigste Anpassung tatsächlich nicht schwerfällt, führt uns anschaulich das lernfähige Immunsystem vor. Der erforderliche Mechanismus der Evolution dürfte auf wenigen Modellen beruhen. Die nächstliegende Vermutung richtet sich auf das bekannte epigenetische Modell: Steuernde Methyl- und Acetylgruppen (es gibt vielleicht Dutzende von Sorten), die ohnehin Gene zweckdienlich ein- und ausschalten und damit Zellen vorübergehend anpassen können, transportieren auch Nachrichten zu nötigen Daueranpassungen in den DNS-Strang der Zellkerne.

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Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Es geht ihr aber nicht um die Fortsetzung der spekulativen Philosophie Platons, auch Textkritik ist die Ausnahme. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der letzten Ursache der Naturgesetze und nach der Gesellschaftsordnung zu finden. Sie wurde 529 von der Kirche geschlossen. Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangeh. Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Pädagogik, Philosophie. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst.
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