Platon-Akademie (64). Fehlt der Beweis für die Existenz Gottes, verliert die Moraltheologie ihre Glaubwürdigkeit

Platon-Akademie, 7. März 2011

„Fromm statt klug“ nennt sich ein SZ-Kommentar vom 15.2.2011: Immer noch, kritisiert er, überwache die Kirche im Freistaat Bayern die Wissenschaft. Aber das ist nicht spezifische bayrisch. In Bayern überwacht die Kirche lediglich sehr direkt, sonst auf der Welt geschieht es indirekt (zur Begründung s. platonakademie.de „HS“ VII).

Die Folgen dieser Überwachung müssen uns Sorgen machen. Denn ein vorgeschichtlich-mythologisches Weltbild ist als Darstellung der Realität nicht tragfähig. Von der Realität angekoppelt, ist es der erste, ehrwürdige Versuch der Welterklärung. Aber als Lebens-Wegweiser ist es heute ein gefährlich dünnes Eis. Der Mythos – Sage, Bericht – verspricht ja in der Genesis dem Menschen absolute Vorrechte vor der Welt, mit denen er vor aller Augen heute die Biosphäre zerstört (dazu a.a.O. S.3 und PA: PresseECHO-PM(52)).

Die Forderung nach Entmythologisierung der Religion wurde von dem Theologen Rudolf Bultmann erhoben und scheiterte als Kriterium, weil eine entmythologisierte Religion keine Religion mehr wäre.

Viele Soziologen neigen dazu, die Interpretation des Menschen als Ansichtssache, als beliebig darzustellen – nur den Biologen gönnen sie kein Gehör, denn biologische Gesetze gehen nicht von Gott aus. Die Naturwissenschaft, dogmatisch unangreifbar, wird vor allem vom Monotheismus verachtet, ein Standpunkt orientierungsloser, passiver Gefühlsseligkeit. Zugrunde liegt offenbar ein kritiklos angewandter Vater-Instinkt. Abgesehen davon, dass eine von Volk zu Volk variable = schwankende Religion keine Bindung = Religio mehr vermittelt, zeigen die weltweit 40 000 heutigen „Sekten“ (Spaltungen), wie weitgehend das Konzept des Mythos nicht befriedigen kann, und das heißt: Wir müssen in der Tat auf naturwissenschaftlich relevante Aussagen achten.

Die Massengesellschaften bevorzugen immer bewusster eine dem Menschen spezifische, nicht mehr mythisch fundierte Ethik und greifen, auch ohne Kenntnisse von der Ethologie (der naturwissenschaftlichen Ethikforschung), automatisch nach angeborenen, instinktiven Werten und Normen, die alle Menschen einigen und daher überzeugen. Die Kirchen dagegen beharren auf dem angeblichen Wissen, dass sich die ethologische Forschung für den Menschen auf Abwegen befindet. Benedikt XVI. in seiner Inthronisationsrede: „Mit der Evolution hat der Mensch nichts zu tun.“ Der Theologe verkündet dies, obwohl die Ethologie immer neue Verhaltensmuster des Menschen schon im Tierreich entdeckt. Eine jüngst erschienene empirisch-psychologische Studie (University of Waterloo, Kanada), wonach die soziale Liebe der Eltern zu ihren Kindern nur ein „sich selbst erhaltendes Glaubenssystem“ sei, ignoriert die ererbte Eltern-Kind-Bindung nur deshalb, weil die Autoren offensichtlich geblendet wurden von den massengesellschaftlichen Negativeinflüssen auf den Instinkt. Die Normen der Massengesellschaft werden weltweit unkritisch absolut gesetzt (vgl. u.a. PM(62).

Der denkende Mensch erwartet für essentielle Wahrheiten unstrittige Beweise. Das läuft darauf hinaus, die Existenz des mythologischen Gottes zu beweisen. Wenn das nicht möglich ist, scheidet er aus dem Erkenntnisprozess der Menschheit aus. Es gibt nämlich Unbezweifelbares: Die Existenz der Zahl 1 z.B. ist für jedermann über alle Zweifel erhaben. Aber Zweifel an der Existenz einer allmächtigen, Recht sprechenden Person hoch über den „Wolken“ ist jedermann möglich. Gott oder Götter haben nicht die Überzeugungskraft der Zahl 1. Zu solcher Qualität muss der biblische Gott aber kommen, oder man kann sich auf ihn nicht mehr verlassen. Daher werden die Theologen nur noch aus querköpfiger Ignoranz zum Beweis Gottes schweigen können.

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Die erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Es geht ihr aber nicht um die Fortsetzung der spekulativen Philosophie Platons, auch Textkritik ist die Ausnahme. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der letzten Ursache der Naturgesetze und nach der Gesellschaftsordnung zu finden.
Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangeh. Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Pädagogik, Philosophie. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst.
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